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Die Themen Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung werden gerade auf vielen Ebenen diskutiert. Ein nicht unwesentlicher Teil der in Anspruch genommenen Fläche entfällt auf Wohnzwecke.
Das frei stehende Einfamilienhaus ist hierbei eine besonders flächenintensive Wohnform: Wenige Personen wohnen auf einer verhältnismäßig großen Fläche. Rund 41 % der österreichischen Bevölkerung leben in einem Einfamilienhaus, und stündlich kommen laut Statistik Austria 1,74 neue Ein- bzw. Zweifamilienhäuser dazu. Dies scheint sich auch nicht so schnell zu ändern, denn das frei stehende Einfamilienhaus ist nach wie vor die beliebteste Wohnform Österreichs: Studien zeigen, dass sich circa zwei Drittel der Bevölkerung wünschen, in einem solchen Haus zu wohnen.
Allerdings bringt diese Wohnform auch zahlreiche gesamtgesellschaftliche Herausforderungen mit sich. Nicht nur die Flächenversiegelung und der Ressourcenverbrauch als direkte Folge sind problematisch, es ergeben sich auch indirekte Auswirkungen durch die geringe Siedlungsdichte. Frei stehende Einfamilienhäuser verursachen zusätzliche Versiegelung durch lange Erschließungsstraßen und technische Infrastrukturen, die gleichzeitig auch ineffizient genutzt werden. Das wiederum bringt hohe Kosten für die Gemeinden mit sich. Ebenso entstehen lange Fußwege, die in Kombination mit der geringen Wohndichte autoabhängige Siedlungsstrukturen ergeben. Das frei stehende Einfamilienhaus steht im Spannungsfeld zwischen den subjektiven Wohnwünschen Einzelner und den Auswirkungen des Flächen- und Ressourcenverbrauchs und in weiterer Folge des Klimawandels auf die Gesamtgesellschaft.
Um einen Ausweg aus der verbreiteten Denkweise zu finden, dass nur das frei stehende Einfamilienhaus die ideale Wohnform ist (die seit den 1950er-Jahren boomt), muss zum einen auf die Auswirkungen hingewiesen werden; viel mehr noch müssen aber Alternativen und Best-Practice-Beispiele aufgezeigt werden. Eine gesellschaftliche Transformation kann unter anderem herbeigeführt werden, indem es möglichst leicht gemacht wird, „Gutes“ zu tun, und schwer, „Böses“ zu tun. Gleichzeitig muss ins allgemeine Bewusstsein gerückt werden, dass durch Alternativen zum frei stehenden Einfamilienhaus nichts an Wohnqualität verloren geht: Flächensparende Wohnformen wären Reihenhäuser, Baugruppen oder verdichteter Flachbau – diese erfüllen bei näherer Betrachtung mitunter die Bedürfnisse der Bewohner sogar mehr als das Einfamilienhaus.
Aber auch die Nutzung des Baubestands ist wesentlich, um die Flächenneuinanspruchnahme zu reduzieren: Durch Sanierung, Zu-, Um- und Ausbau werden bestehende Strukturen effizienter genutzt. Mehrgenerationen- und Mehrfamilienhäuser haben zudem auch soziale Vorteile, wenn man bedenkt, dass klassische Einfamilienhäuser nur für einen begrenzten Lebensabschnitt ausgelegt sind.
Um eine Veränderung zu bewirken, müssen wir Wohnwünsche hinterfragen und Wohnen generell neu denken, aber auch einstige Formen wie das Mehrgenerationenhaus wieder aufleben lassen.
Barbara Steinbrunner ist Universitätsassistentin an der TU Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Boden- und Raumordnungsrecht, örtliche Raumplanung und Naturgefahrenmanagement.
Text: Barbara Steinbrunner
Illustration: Marlene Zumpf