Die Tech-Branche ist noch immer Männerdomäne - und wir alle sind schuld daran

Autonom fahrende Autos, KI-basierte Sportspiegel, Start des Weltraumtourismus - die Tech-Branche feiert sich ständig als Gestalter der Zukunft. Nur bei einem Thema herrscht seit Jahren Stillstand: Gender Equality!

Der Frauen-Anteil in den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) liegt laut DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) [HA1] bei rund 15 Prozent. Noch immer geben Männer in diesem Wirtschaftszweig den Ton an.

Da hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig verändert. In meinem Informatikstudiengang an der FU-Berlin kamen gerade mal drei Frauen auf 80 Männer.

Auch in der Start-up-Branche zeigt sich dieser Gender-Gap: Nur 11,9 Prozent der Gründer sind laut einem Female-Founders-Report weiblich.

Was läuft also schief in Deutschland?

Wir alle denken noch immer zu viel in Klischees – und das leider jeden Tag. Erinnern Sie sich mal daran, was Sie zum Geburtstag ihrer kleinen Patentochter gekauft haben? War es rosa? Eine Puppe? Eine Spielküche?

Jungs bekommen von ihren Eltern selbstverständlich Lego und Roboter geschenkt, bei Mädchen kommt fast niemand auf diese Idee. Unser Land erstickt in Stereotypen. Es ist jetzt an uns, jeden einzelnen, dies aufzubrechen und Mädchen in frühester Kindheit zu zeigen: Du kannst alles sein.

Mein Vater, ein Physiker, hat mich zum Beispiel als kleines Mädchen ganz selbstverständlich an der Hardwareentwicklung der ersten Desktop Computersysteme teilhaben lassen. Ich bin mit MS – DOS Betriebssystem-Handbüchern aufgewachsen, hatte niemals Angst vor Technik und habe mit Begeisterung Informatik studiert auch wenn mir das kaum jemand zutraute.

Das ist leider bei den wenigsten Haushalten in Deutschland der Fall. Die meisten Mädchen geben noch immer typische weibliche Berufe als Wunsch an. Und es liegt an uns, dies in ihren Köpfen zu verändern.

Wir brauchen große Leitbilder. Zum Beispiel Siemens-Ex-Vorständin Janina Kugel oder Facebook-Bossin Sheryl Sandberg, die gerade jungen Karrieristen zeigen, was möglich ist. Frauen, die Mut machen, mit ihrer Vita ein Leuchtturm sind.

Valerie Bures
...ist Gründerin und CEO von „VAHA”, einem interaktiven Fitness-Spiegel, der mehr als 750 Workouts für jedes Ziel, und jeden Geschmack direkt ins eigene Wohnzimmer streamt. 2019 hat sie das Unternehmen gegründet, 2020 ist Manuel Neuer und Porsche Ventures in ihr Unternehmen eingestiegen. 2005 hat Bures gemeinsam mit Tennis-Legende Steffi Graf die Frauen-Fitnesskette „Mrs Sporty” aufgebaut und 2011 hat sie den digitalen Therapeuten für Kliniken und Rehaeinrichtugen erfunden – „Pixformance” mit dem mehr als 370.000 Menschen heute trainieren.

Diese Leitbilder verändern etwas im Kopf, gerade bei jungen Mädchen. Wenn wir sehen, dass da eine Frau ist, die sogar Kinder hat und trotzdem einen Tech-.Konzern führt, eröffnet das erst den Glauben daran, dass man das auch kann.

Bei VAHA sind 60 Prozent des Führungsteams weiblich und auch in meinen vorherigen Firmen waren eher mehr Frauen als Männer beschäftigt. Denn Innovation entsteht durch Vielfalt. Gemischte, diverse Teams sorgen für die besten Ideen und Lösungen, weil sie Probleme von unterschiedlichen Seiten betrachten.

Wie McKinsey in einer Studie belegt hat, ist Diversität ein absoluter Wettbewerbsvorteil gegenüber etablierten Unternehmen.

Wir brauchen dafür aber nicht nur ein neues Mindset, sondern vor allem auch familiäre Erfolgsmodelle, die vom Staat nicht nur gefördert, sondern sogar erzwungen werden und die uns als Gesellschaft helfen, ganz neue Strukturen zu leben – für Frauen, Männer und die Zukunft unserer Kinder. Damit meine ich keine endlosen Quotendiskussionen, sondern vor allem bessere Unterstützung in Bildung und Schulen für Kinder voll arbeitender Eltern. Dafür gibt es seit Jahrzehnten erprobte Modelle, aber Deutschland hinkt hinterher.

Ich wünsche mir, dass Top-Managerinnen eines Tages in der Tech-Branche (und auch sonst überall) nichts besonders Erwähnenswertes mehr sind, sondern einfach Normalität.

Gastkommentar: Valerie Bures
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Gastkommentar

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