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Unzufrieden mit der Auswahl in der heimischen Drogerie gründete Caroline Kroll ihr eigenes Unternehmen „Nø Cosmetics“ und erfüllte sich damit einen Traum. Heute erzielt das Unternehmen einen Umsatz von 50 Mio. €, betreibt mehrere Geschäfte in Deutschland und hat sich in den Regalen von Drogerien im gesamten deutschsprachigen Raum etabliert. Dabei begann die Unternehmerin ganz bescheiden.
Wie kam es zur Gründung von Nø Cosmetics?
Im Jahr 2017 habe ich zusammen mit meinem Vater Nø Cosmetics gegründet. Mein Vater war bereits seit Langem in der Beautybranche tätig und hat mir und meiner Schwester praktisch alles beigebracht – angefangen von der richtigen Anwendung von Mascara und Eyeliner bis hin zu den Inhaltsstoffen, die wir bei Kosmetikprodukten beachten sollten. Jedes Mal, wenn wir mit ihm in die Drogerie gegangen sind, hat er uns erklärt, dass eine bunte und ansprechende Verpackung nicht unbedingt bedeutet, dass gute Inhaltsstoffe enthalten sind. Oft stellte sich heraus, dass entweder die Stoffkonzentration zu niedrig war, die falschen Inhaltsstoffe verwendet wurden oder die Produkte einfach zu teuer waren.
Nach meiner Ausbildung in der Gastronomiebranche wollte ich meinem Vater bei der Arbeit über die Schulter schauen. Das führte irgendwann zu einem Gespräch mit einem Produzenten, mit dem wir uns kurzerhand zusammengetan haben, um unsere eigenen Produkte herzustellen und zu vertreiben. Heute betreiben wir Nø Cosmetics als Joint Venture mit einer Produktionsfirma, wobei wir uns um das Marketing und den Vertrieb kümmern.
Gab es bei der Gründung zu Beginn Schwierigkeiten?
Mit meinem Vater an meiner Seite hatte ich definitiv einen Vorteil. Durch seine früheren Tätigkeiten hatte er bereits Kontakte zu verschiedenen Personen in Drogeriemärkten geknüpft, was unseren Weg zweifellos erleichterte. Dennoch bewahrte uns das nicht davor, Rückschläge zu erleben – etwa manchmal zu viel zu produzieren oder uns in die falsche Richtung zu entwickeln und in das falsche Land zu expandieren. Mein Vater hat mich stets ermutigt, die Initiative zu ergreifen, und hat mir bei wichtigen Verhandlungen eine Stimme gegeben. Doch das bedeutete nicht automatisch, dass man auch gehört wurde.
Als junge Frau in einer großen Branche war es anfangs für mich schwierig, mir Gehör zu verschaffen. Zusätzlich habe ich gleichzeitig mit der Gründung von Nø Cosmetics mein Studium im Bereich Marketing-Management begonnen, was natürlich auch herausfordernd war. Die meisten Start-up-Gründer geben nach der Gründung ihren Job oder ihr Studium auf, aber ich wollte sowohl etwas Handfestes haben und gleichzeitig auch Neues lernen. Rückblickend bin ich froh, dieses Studium absolviert zu haben, auch wenn es zu Beginn nicht einfach war, beides gleichzeitig unter einen Hut zu bringen.
Warum haben Sie sich für den Namen Nø Cosmetics entschieden?
Unsere Mission ist es, wirksame, verträgliche und preiswerte Kosmetik für alle Hauttypen anzubieten. Unser ursprünglicher Name war auch gar nicht Nø Cosmetics, sondern No Make-up; unser Ziel war es, Kosmetikprodukte zu entwickeln, die dein Hautbild so zum Positiven verändern, dass du ohne Make-up rausgehen kannst. Aus No Make-up wurde dann letztendlich Nø Cosmetics, weil wir uns ganz bewusst gegen alle schädlichen Inhaltsstoffe aussprechen und daher „No“ oder „Nö“ zu vielen Stoffen sagen. Trotzdem verwenden wir synthetische Stoffe und sind keine Naturkosmetik-Marke, weil Naturkosmetik häufig gerade bei Allergikern zu Irritationen führen kann und oft auch nicht so wirksam ist wie synthetische Kosmetik. Stattdessen sind wir eine Clean-Beauty-Marke, da wir Inhaltsstoffe wie Hyaluron oder Niacinamide verwenden, aber gleichzeitig auf PEGs (Polyethylenglykol gehört zu einer großen Familie von chemischen Substanzen auf Erdölbasis, Anm.), Silikone oder irgendwelche Füllstoffe verzichten.
Für unsere Kampagnen und für die Fotos in unserem Onlineshop setzen wir gerne sogenannte ‚Nø-Models‘ ein, also Freunde, Familie oder auch Follower.
Caroline Kroll
Nø Cosmetics ist ein Familienunternehmen – wie sieht die Arbeitsteilung in der Familie aus?
Tatsächlich haben sich schrittweise, nachdem mein Vater und ich das Unternehmen gegründet haben, auch meine Mutter und meine Schwester an der Arbeit beteiligt. Mittlerweile ist mein Vater nur noch in einer beratenden Rolle tätig und hat uns Frauen quasi das Ruder überlassen, steht uns aber natürlich jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Meine Mutter kümmert sich mittlerweile um den Onlineshop und meine jüngere Schwester hat letztes Jahr ihr Studium in Mediendesign abschließen können und leitet seither das Design-Team als Creative Director.
Was macht die Marketingstrategie von Nø Cosmetics so besonders?
Generell ist mein Ansatz im Design- und Marketingprozess, dass ich nur Marketingmaßnahmen entwerfen möchte, die ich gerne fotografieren würde. Ob es nun darum geht, einen lustigen Spruch darauf zu platzieren oder sicherzustellen, dass sowohl die Aufkleber als auch die Flyer ästhetisch ansprechend und ehrlich gestaltet sind: Unsere Produkte sollen stets außergewöhnlich aussehen. Grundsätzlich ist mir ganz wichtig, dass unsere Produkte Spaß machen, dass man stolz auf sie ist und dass unsere Kunden sich die Produkte gerne ins Badezimmer stellen. Daher haben wir auf unserer Website auch interaktive Quizzes zum Erkennen des passenden Hauttyps und einen darauf abgestimmten Set-Generator, der jedem Kunden ein maßgeschneidertes Paket zusammenstellt. Für unsere Kampagnen und für die Fotos in unserem Onlineshop setzen wir gerne sogenannte „Nø-Models“ ein, also Freunde, Familie oder auch Follower. Mir ist es nämlich wichtig, für unsere Produkte „normale Menschen“ zu zeigen und nicht nur Supermodels mit perfekter Haut.
Gerade Social Media und auch Influencer haben heutzutage einen großen Einfluss auf die Beautybranche. Machen Sie sich das mit Nø Cosmetics irgendwie zunutze?
Social Media sind für uns eines der wichtigsten Marketingtools. Unsere Community ist fantastisch – wir haben für eine deutschsprachige Marke einen ziemlich großen Account und ein wirklich beeindruckendes Engagement. Deshalb versuchen wir, die Community in verschiedene Aspekte einzubeziehen, sei es bei der Produktauswahl oder der Präferenz von Farben. Manchmal, wenn wir uns bei Designfragen unsicher sind und uns im Kreis drehen, fragen wir einfach unsere Community – oft hat sie im Gegensatz zu uns eine klare Meinung. Natürlich darf der Spaß auf Social Media nicht zu kurz kommen, deshalb teilen wir gerne lustige Sprüche oder Memes; denn niemand möchte einem Account folgen, der nur „Educational Content“ produziert.
Häufig wird die männliche Zielgruppe beim Design und Marketing von Kosmetikprodukten übergangen. Wollen Sie mit Ihren Produkten auch Männer ansprechen?
Unser Marketing ist nicht geschlechterspezifisch ausgerichtet, was bedeutet, dass unsere blaue Creme nicht nur für Männer ist und unser pinkes Serum nicht nur für Frauen. Trotzdem wollen wir mit unseren Produkten natürlich auch Männer ansprechen. Dies schafft eine inklusive Kommunikation, bei der wir zum Beispiel auch männliche Models einsetzen. Auch Männer wollen gute, leistbare Hautpflege, die ihr Hautbild verändert – dafür braucht es keine Witze und Slogans über das Grillen oder Handwerken.
Seit der Gründung im Jahr 2017 konnte Nø Cosmetics enorm wachsen. Gab es einen besonderen Moment, in dem Sie das erste Mal gemerkt haben, dass aus Nø Cosmetics etwas richtig Großes werden kann?
Tatsächlich gab es eher den Punkt im Jahr 2018, wo wir uns gedacht haben: „Das wird nichts.“ Kurz davor stand unser Produkt das erste Mal für eine limitierte Zeit in einer Drogerie und war so beliebt bei den Kunden, dass es Schwierigkeiten bei der Nachlieferung gab. So kam es, dass wir nach diesem erfolgreichen Monat wieder aus der Drogerie verschwinden mussten und große Angst hatten, dass wir in der Zwischenzeit in Vergessenheit geraten. Unsere Seren haben uns dann aus dieser Misere gerettet: Da wir davor nur mit einer Gesichtsreinigung in der Drogerie waren, waren unsere Seren etwas Neues, was es so davor nicht wirklich in den Drogerien gab. Wir haben unglaubliches Feedback bekommen, und viele sind dadurch auf unsere Marke gestoßen. Letztes Jahr konnten wir so einen Umsatz von 50 Mio. € machen, haben mittlerweile 58 Mitarbeiter und unsere Produkte stehen in über 6.000 verschiedenen Läden in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Wie sehen die Pläne für Nø Cosmetics in der Zukunft aus?
Innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre würde ich gerne auch den internationalen Markt für unser Unternehmen erschließen und mehr eigene Läden eröffnen. Mittlerweile haben wir zwei Läden – in Berlin und in Köln –, aber ich bin davon überzeugt, dass noch viele weitere dazukommen werden.
Caroline Kroll gründete 2017 gemeinsam mit ihrem Vater Nø Cosmetics. Heute macht das Unternehmen einen Umsatz von rund 50 Mio. €.
Fotos: Jörg Klaus