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Johanna Hofmann ist beim Kunststoffhersteller Borouge für Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz zuständig. Bei dem Joint Venture des österreichischen Chemieunternehmens Borealis und des staatlichen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate, ADNOC, will die Topmanagerin mithelfen, eine Kreislaufwirtschaft und Recycling-Innovationen zu fördern, und ihr Wissen an begabte junge Ingenieurinnen und Mitarbeiter aus der Golfregion weitergeben.
„Ohne hochwertige Materialien aus Kunststoff würden wir die Energiewende nie schaffen“, sagt Johanna Hofmann, 46, Vice President Health, Safety and Environment (HSE) bei Borouge. Sie meint Hightech-Materialien, die etwa für medizinisch-technische Anwendungen, Isolierkabel für Stromleitungen, Komponenten von (Elektro-)Autos und Solaranlagen und viele weitere Zukunftstechnologien verwendet werden, die für die Vision einer nachhaltigen Welt stehen und die ohne Kunststoffe undenkbar wären.
Hofmann stammt aus Wien und lebt und arbeitet seit Januar dieses Jahres in Ruwais, einer Industriestadt in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der offizielle Jobtitel der Managerin, Vice President HSE bei Borouge, bedeutet, dass sie für die wichtigen Themen Umweltschutz und Sicherheit zuständig ist. Borouge ist ein Joint Venture des staatlichen Energiekonzerns Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) und des österreichischen Unternehmens Borealis, das einer der global führenden Anbieter fortschrittlicher und kreislauforientierter Polyolefin-Lösungen und europäischer Marktführer im Bereich des Polyolefin-Recyclings ist. Borealis steht zu 75 % im Eigentum der OMV, eines integrierten internationalen Öl- und Gasunternehmens mit Sitz in Österreich, sowie zu 25 % im Eigentum einer Beteiligungsgesellschaft der Mubadala Investment Company mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Hofmann hat eine steile Karriere hingelegt. Ein Doktorat der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien stattete sie mit technologischer Expertise aus. An der WU Executive Academy belegte sie später einen MBA in Finance und eignete sich dadurch das Rüstzeug für das Topmanagement an. „Ich will immer über den Tellerrand hinausschauen, Neues kennenlernen und mich weiterentwickeln, und die WU Executive Academy war dafür ideal“, sagt Hofmann. Sie hat somit für ihre Laufbahn eine perfekte Kombination gefunden: fundiertes technisches Wissen ergänzt mit dem Blick aufs große Ganze, der alle erfolgreichen Manager auszeichnet.
So hat sie eine neue Perspektive auf ihre Arbeit bekommen. „Wenn wir Ingenieure von Risiken sprechen, dann denken wir eher an Gefahren. In der Welt des Business und des Managements sieht man bei Risiken immer auch neue Chancen – dieser erweiterte Blick war für mich sehr aufschlussreich“, sagt Hofmann.
Nach dem Studium und der Arbeit an ihrem Doktortitel folgte ein Intermezzo an der TU Prag. Danach wechselte Hofmann als Managerin für Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz sowie Qualitätssicherung zum heutigen Mutterkonzern OMV. Dort suchte man eine Spezialistin für Umweltverträglichkeitsprüfungen für ein internationales Projektteam. Dank guter Englischkenntnisse und Erfahrung in internationaler Zusammenarbeit aus ihrem studentischen Engagement bei IAESTE (International Association for the Exchange of Students for Technical Experience) wurde sie rasch Teil des Teams.
Es war der Beginn einer langen Karriere bei der OMV. 16 Jahre lang arbeitete sich Hofmann beharrlich und mit Ehrgeiz nach oben. Nicht nur im Büro, auch auf Offshore-Plattformen in Neuseeland war sie im Einsatz; zuletzt war sie bei der OMV Head of Performance Monitoring for HSSE (Health, Safety, Security, and Environment), bis sie in diesem Jahr zu Borouge an den Persischen Golf wechselte. Die Wienerin wollte wieder einmal über den Tellerrand schauen, Neues kennenlernen und sich Herausforderungen stellen. Der Umzug brachte aber trotz ihrer internationalen Erfahrung einen kleinen Kulturschock: „Das Leben hier ist kulturell sehr anders; wie man kommuniziert, zusammenarbeitet und plant“, so Hofmann. Dennoch hat sie zu vielen der Menschen, die im Werk in Ruwais arbeiten, bald einen guten Draht gefunden.
Ich will etwas bewegen – und hier kann ich als Frau in einer Führungsposition auch als Vorbild dienen.
Johanna Hofmann
Borouge stellt in Ruwais, 250 Kilometer westlich von Abu Dhabi, derzeit pro Jahr 4,5 Millionen Tonnen Polyolefine und Polyethylen her. Der moderne Kunststoff-Rohstoff wird als Granulat an Verarbeiter geliefert. Vor allem in Asien und Afrika zieht die Nachfrage stark an. Das aktuelle Expansionsprojekt, Borouge 4, wird die wachsende Kundennachfrage im Nahen Osten, in Afrika und Asien mit differenzierten Polyolefin-
Lösungen für die Bereiche Energie, Infrastruktur und fortschrittliche Verpackungen bedienen.
Hofmanns Job ist es primär, dafür zu sorgen, dass die Arbeits- und Anlagensicherheit gewährleistet ist. Hier ist sie vor allem stark im BBS-Programm (Behaviour Based Safety) involviert, um die Sicherheitskultur unter den Mitarbeitern und Partnerunternehmen weiter zu stärken. BBS ist ein Programm, das dem Unternehmen die Möglichkeit bietet, sich zu einem höheren HSSE-Exzellenzniveau zu entwickeln, indem proaktiv faktenbasierte Sicherheitsparameter gefördert werden. Weitere wichtige Themen sind Abfallwirtschaft, Wasserverbrauch und die Reduktion von CO2-Emissionen.
In Europa gibt es effiziente Sammelsysteme, nur sehr wenig Plastik landet im Wasser oder im Wald. In einigen Ländern hingegen wird Kunststoffabfall kaum umweltverträglich entsorgt. Hofmann appelliert an die Verbraucher: „Kunststoffabfälle sind Wertstoffe, die dem Rohstoffkreislauf wieder zugeführt werden müssen. Jeder kann und soll hier einen Beitrag leisten, indem Kunststoffe am Ende ihrer Lebensdauer getrennt entsorgt und recycelt werden. Nur so kann Kreislaufwirtschaft funktionieren.“
Dass Plastik oft mit der im Meer schwimmenden Tüte in Verbindung gebracht wird, sei ein Bild, das in die Irre führe, sagt Hofmann. Tatsächlich arbeiten sie und ihre Kollegen an Hochleistungsmaterialien, die helfen, die CO2–Emissionen weltweit zu reduzieren – etwa indem leichtere Elektrofahrzeuge gebaut werden können. Gleichzeitig lässt sich Kunststoff in vielen Anwendungen nicht ersetzen. „Das Plastiksackerl wird vielleicht verschwinden, aber ein Starkstromkabel lässt sich nun mal nur mit hochwertigem Kunststoff isolieren“, erklärt Hofmann – „und in einer zunehmend digitalisierten Welt werden wir immer mehr elektrische Infrastruktur brauchen.“
Da heute alle Kosten teils stark steigen, muss in der Produktion auch Strom und Wasser gespart werden – nicht nur, weil es umweltverträglicher ist, sondern auch, weil es wirtschaftlich sinnvoll ist, wie Hofmann weiß. „Mittelfristig möchte ich meine Entsendung erfolgreich gestalten, indem ich helfe, diese Dinge zum Besseren zu verändern“, sagt Hofmann. Was sie genauso motiviert wie der genannte Aspekt, ist der Austausch mit Kolleginnen und Mitarbeiterinnen.
„Ich will etwas bewegen – und hier kann ich als Frau in einer Führungsposition auch als Vorbild dienen“, sagt Hofmann. Gerade junge Technikerinnen aus der Golfregion haben einen besonderen Ehrgeiz. Die Ingenieurinnen der jungen Generation sind wissbegierig, fleißig und sehen große Zukunftschancen. „Es freut mich, dass ich helfen kann, diese Talente zu entwickeln“, sagt Hofmann. Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen mehr junge Menschen aus dem eigenen Land fördern – und investieren daher auch in die Ausbildung, wie Hofmann jeden Tag beobachten kann. „Das Schöne ist, dass ich in meinem Job meine Erfahrung an diese jungen Menschen weitergeben kann“, sagt die Wienerin.
Auch die österreichische Küche bringt die passionierte Seglerin ihren Mitarbeitern näher. Beim ersten Keksback-Abend konnte sie bereits Kolleginnen für mitteleuropäisches Gebäck begeistern; weitere sind geplant. Zur Entspannung hat Hofmann einen neuen Sport für sich entdeckt: Seit dem Umzug in die Emirate entspannt sie gerne bei einer Runde Golf – am liebsten nach Feierabend, wenn es kühl ist und die Sonne hinter den Dünen der Wüste versinkt.
Johanna Hofmann ist beim Kunststoffhersteller Borouge für Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz zuständig. Das Joint Venture des österreichischen Chemieunternehmens Borealis und des staatlichen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate, ADNOC, hat sein Werk in der Hafen- und Industriestadt Ruwais in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Fotos: Borouge