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Der russische Präsident hat den globalen Rüstungskonzernen einen unerwarteten Boost gegeben.
Kaum ein Wirtschaftsbereich – Energie ausgenommen – hat vom russischen Angriff auf die Ukraine derartig profitiert wie der internationale Waffenhandel und Rüstungskonzerne. Dabei hat sich der Sektor auch vor dem Krieg schon ob des sprudelnden Reibachs die Hände gerieben, denn seit sieben Jahren steigen die Ausgaben für die Rüstungsindustrie stetig. Die Coronapandemie hat die Entwicklung allerdings verlangsamt, wie das schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri (Stockholm International Peace Research Institute) erhob. Die Umsätze der weltweit 100 größten Rüstungsproduzenten stiegen allein im Jahr 2021 um 1,9 % auf 599 Mrd. € – noch nie seit der Einführung dieser Datenbank vor rund 20 Jahren wurde so viel Geld für Militärgüter ausgegeben. Ohne Corona wäre das Wachstum laut Sipri wohl noch höher ausgefallen.
40 US-Unternehmen stehen auf der Sipri-Liste, sie kommen mit 299 Mrd. US-$ auf mehr als die Hälfte des weltweiten Umsatzes. Allein der US-amerikanische Konzern Lockheed Martin machte einen Umsatz von 60,3 Mrd. US-$. Die Entwicklung ist rund um den Globus unterschiedlich: Während Südamerika zum Beispiel so wenige Rüstungsgüter importierte wie seit 50 Jahren nicht mehr, trugen steigende oder unverändert hohe Einfuhrzahlen in Europa, Ostasien, Ozeanien und dem Nahen Osten zur Aufrüstung bei. Das Importvolumen der Staaten Europas stieg demnach um 19 %.
Der Vorsprung der USA als absoluter Branchenprimus unter den 60 waffenexportierenden Staaten der Welt wuchs weiter. Vor allem wegen ihrer Militärflugzeuge sind die Vereinigten Staaten für 39 % aller Rüstungsexporte verantwortlich. Dieser Anteil ist mehr als doppelt so groß wie der von Russland auf Rang zwei.
Manche Staaten Europas können beim Waffenexport durchaus Schritt halten: Während die US-Rüstungsschmieden nämlich auf ein Fünfjahreswachstum von 14 % kamen, lag diese Zunahme im Falle von Frankreich sogar bei 59 %.
Größter Waffenhersteller in Deutschland bleibt Rheinmetall, gefolgt von Thyssen Krupp, Hensoldt und Diehl. Gemeinsam setzten diese Unternehmen im Jahr 2021 Waffen und Rüstungsgüter im Wert von 9,3 Mrd. US-$ um; das sind um 5,6 % mehr als im Jahr davor.
Die Rheinmetall-Aktie ist zuletzt auch wegen des schier endlosen Gezerres der deutschen Politik um Leopard-Panzer (eine Marke von Krauss-Maffei Wegmann, KMW) für die Ukraine in den Fokus gerückt – denn der Rüstungskonzern könnte insgesamt 139 der begehrten Kampffahrzeuge der Typen 1 und 2 liefern. Rheinmetall versorgt den Leopard auch mit Munition, der Feuerleitanlage und dem Führungssystem.
Rheinmetall, 1899 als „Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik Aktiengesellschaft“ gegründet, um dem deutschen Kaiserreich Munition zu liefern, hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf und beschäftigt insgesamt knapp 24.000 Mitarbeiter. Das Unternehmen ist in mehr als 20 Ländern aktiv.
Der „Putin-Kick“ hat seine Wirkung auch auf die Düsseldorfer nicht verfehlt: Die Aktie des Rüstungskonzerns ist im letzten Jahr um rund 130 % gestiegen. Der letzte Boost an der Börse erfolgte vor wenigen Wochen, als Rheinmetall einen Auftrag für Flugabwehrsysteme mit Munition und Ersatzteilen von einem ungenannten internationalen Kunden erhielt. Nicht zuletzt deswegen heben Analysten durch die Bank den Daumen für die Rheinmetall-Aktie – so wie zum Beispiel das Analysehaus Warburg Research: Dort hat man das Kursziel für die Düsseldorfer von 225 auf 265 € angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen.
Die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine könnte das Aufwärtspotenzial noch vergrößern, schrieb Analyst Christian Cohrs in einer aktuellen Studie. Selbst nach der ausgeprägten Kursrally von mehr als 40 % innerhalb von drei Monaten bleibt Cohrs optimistisch für die Aktien des Rüstungskonzerns. Sie kosteten bei Redaktionsschluss 218 € – genug Luft nach oben also.
Auch die Experten von Deutsche Bank Research geben grünes Licht für Rheinmetall und raten zum Kauf mit einem Kursziel von 250 €. Der starke Auftragseingang und der hohe Auftragsbestand sichere dem Rüstungskonzern prozentual zweistellige Anstiege für Umsatz und Gewinn bis 2025. Eine dauerhafte Belastung durch einen Zukauf – Rheinmetall will das spanische Rüstungsunternehmen Expal übernehmen und die Transaktion mit einer Wandelanleihe finanzieren – sieht man bei der DZ Bank nicht. Kursziel: 262 €.
Ein großer Mitbewerber der Deutschen am internationalen Parkett ist die französische Safran S. A. Das französische Unternehmen, das hauptsächlich in den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie Sicherheit tätig ist, ist ein führender Anbieter von Triebwerken und Systemen für Flugzeuge, Raketen und Satelliten. Es hat Niederlassungen in über 50 Ländern und beschäftigt weltweit mehr als 92.000 Mitarbeiter. Das 1905 gegründete Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Courbevoie und bietet unter anderem Triebwerke, Avionik, elektronische Systeme und Komponenten für militärische und zivile Anwendungen an. Damit erwirtschaftete Safran 2021 einen Umsatz von über 15 Mrd. €.
Die Aktie gewann in den letzten fünf Jahren mehr als 40 % an Wert und kostete zuletzt rund 131 €. Doch dabei soll es nicht bleiben, wenn es nach der Schweizer Großbank UBS geht: Dort hat man das Kursziel für Safran von 133 auf 160 € angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen. Das Geschäft mit Triebwerkswartung könnte bei einer anstehenden Phase mit einem Überangebot an Flugzeugen ein Vorteil für Safran sein. Die US-Bank JP Morgan setzte das Unternehmen auf „Overweight“; Kursziel: 160 €. Man erwartet, dass die Franzosen im laufenden Jahr mehr als die reguläre Dividende an die Aktionäre ausschütten werden.
Eine ähnliche Kursentwicklung wie bei Safran S. A. war beim US-Rüstungskonzern General Dynamics zu beobachten. Mit dieser Aktie waren während der letzten drei Jahre mehr als 35 % zu verdienen. Mitten im Kalten Krieg im Jahr 1952 gegründet hat General Dynamics, eines der größten Verteidigungsunternehmen der Welt, seinen Hauptsitz in Reston, Virginia, USA.
Der führende Anbieter von militärischen Systemen, einschließlich Land- und See-Kriegssystemen, Luftfahrt- und Raumfahrtlösungen sowie Informations- und Cybersicherheitstechnologien, hat weltweit mehr als 100.000 Mitarbeiter. Niederlassungen in über 40 Ländern sorgten für einen Umsatz von knapp 40 Mrd. US-$ im Jahr 2022. Eines der bekanntesten Produkte ist der F16-Kampfbomber oder der Gulfstream-Businessjet. Vor Kurzem konnte General Dynamics einen Auftrag der U. S. Army im Wert von 481 Mio. US-$ für die Aufrechterhaltung der Erkennungssysteme „Prophet Enhanced“ einsacken; davor hatte man einen Vertrag über 47 Mio. US-$ für Abrams-Kampfpanzer abgeschlossen. General Dynamics lieferte in den letzten vier Quartalen im Durchschnitt einen überraschenden Gewinn von 2,42 %.
Das starke Umsatzwachstum in den meisten Geschäftsbereichen dürfte sich positiv auf die Ergebnisse des vierten Quartals auswirken, so Analysten. Die Aktie ist bei einem Kurs von 213 € und einem KGV von rund 20 nicht billig, lockt aber mit steigenden Dividendenerwartungen (möglicher Zuwachs um die 20 %) für die nächsten zwei Jahre. Die Credit Suisse hat ihr neutrales Rating beibehalten und das Kursziel von 243 auf 240 US-$ leicht gesenkt.
Illustration: Valentin Berger