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Der alte Robin nahm es den Reichen und gab es den Armen. Der neue Robin – checkrobin – nimmt es den Großen ab und serviciert die Kleinen. Hannes Jagerhofers Versandplattform wurde durch Corona regelrecht beflügelt. Was der Unternehmer für 2022 plant.
Der erste Kontakt zwischen checkrobin und Forbes (damals noch Forbes Austria) kam im Frühjahr 2015 zustande. Unter zahlreichen österreichischen Start-ups diverser Branchen wurde checkrobin.com damals als Onlineplattform vorgestellt, die durch die Vernetzung von Privatpersonen und/oder Unternehmen den schnellen und einfachen Transport von Dingen aller Art ermöglicht.
So wie es aber Forbes in der damaligen Form heute nicht mehr gibt, hat sich auch checkrobin aus seiner Ursprungsform heraus weiterentwickelt. Oder besser: musste sich weiterentwickeln. Der Name blieb gleich, das Service dahinter ist heute ein anderes, weitaus komplexeres – das ehemalige checkrobin findet sich aber heute in der Plattform myrobin wieder; dazu etwas später. Die Idee der „Mitfahrgelegenheit für Pakete“ habe ihn jedenfalls nie wirklich losgelassen, sagt Hannes Jagerhofer, der Unternehmer hinter den beiden Plattformen.
Mit der Flugsuchmaschine checkfelix (2011 an den US-Reiseanbieter Kayak verkauft) hat der mit dem größten internationalen Volleyball-Event bekannt gewordene und exzellent vernetzte Marketingexperte bereits ein erfolgreiches Tech-Start-up vom Stapel gelassen. Der Start des intelligenten Paketlogistikers nimmt sich in Jagerhofers Erzählungen im Vergleich aber, gelinde gesagt, herausfordernd aus. Im Nachhinein betrachtet eigentlich gar kein Schaden.
„Spannend bei myrobin, dem Uber für Pakete, finde ich die Verlässlichkeit und die Eigenverantwortung der Fahrer.“
Hannes Jagerhofer
Jagerhofers Geschäftsidee war es, Menschen, die ohnehin aus beruflichen oder privaten Gründen „auf unseren Straßen unterwegs sind, mit denjenigen zu vernetzen, die etwas zu versenden haben. In Zeiten wie diesen, wo der CO2-Footprint immer mehr zum zentralen Thema wurde und noch ist, ist diese Crowd-Logistik doch mehr als ein verfolgenswerter Ansatz“, so Jagerhofer. Bei der Wirtschaftskammer und der Gewerkschaft kam diese Idee damals gar nicht gut an: Gewerbe seien anzumelden, es gelte, von den Fahrern Steuern einzuheben; nicht zuletzt gefährde das Unternehmen Tausende Arbeitsplätze.
checkrobin geriet in den Welleneffekt, der von den größten Vertretern der Shared Economy, Uber und Airbnb, losgetreten worden war. Jagerhofer: „Uns war es immens wichtig, dass die Fahrer für die Dienstleistung der Mitnahme eines Pakets immer weniger verlangen konnten als ihre Aufwendungen (auf Basis des amtlichen Kilometergelds; Anm.) für die Fahrt waren. Das erhaltene Geld war höchstens ein Fahrkostenzuschuss.“ Als schließlich auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ihre Erhebungen zum Geschäftsgebaren von checkrobin einstellte und alles für rechtens erklärte, war Jagerhofer mit checkrobin schon längst nach Deutschland ausgewichen, wo eine Mitnahme von Gütern, bei der die Ausgaben immer höher sind als die Einnahmen (wie dies beim heutigen myrobin.com vorgesehen ist), nicht als Gewerbe galt und gilt.
Jagerhofer holte unter anderem Dietrich Mateschitz und René Benko als Investoren an Bord und setzte checkrobin neu auf. Heute finden Nutzer auf dem Portal Angebote verschiedener Paketversanddienstleister, die kleine und große Onlineshopbetreiber miteinander vergleichen können. Mit der richtigen Wahl zwischen DHL, UPS oder DPD können, so Jagerhofer, je nachdem, was man versenden möchte, bis zu 70 % an Versandkosten gespart werden. Zudem „hilft die gratis mitgelieferte Software Onlinehändlern beim Thema ‚Alles rund um den Verstand‘ immens“, so Jagerhofer weiter. Besonders interessant ist dieser Service für jene Onlinehändler, die bis zu 50 Pakete pro Tag zu versenden haben, aber auch größere Betriebe nutzen die Features der Plattform gerne, weil sie darüber den Versand von Paketen außerhalb ihrer Normgröße direkt beim für sie besten Anbieter buchen können. Diese Unternehmen kommen durch die Kooperationen, die checkrobin mit großen Logistikern hat, zu guten Preisen, so Jagerhofer weiter.
Hannes Jagerhofer.
...geboren 1962, wurde als Eventmanager (u. a. mit dem Beachvolleyball-Turnier in Klagenfurt) einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. 2005/06 gründete er die Online-Reise- und Flugsuchmaschine checkfelix, die er 2011 an das US-Reiseportal Kayak verkaufte. Die Unternehmen checkrobin und myrobin nahmen ihre Anfänge im Jahr 2012. Hannes Jagerhofer lebt mit seiner Familie in Wien, Kärnten und Fort Lauderdale, Florida.
Das Gute für Jagerhofer ist: Der Bedarf an diesen Versandservices ist groß und wird nicht zuletzt auch durch die sukzessive Zunahme an E-Commerce-Unternehmern auf Amazon und Co immer größer – ein Feld, auf dem checkrobin ebenfalls seine Dienste anbietet. In Deutschland nutzen laut eigenen Angaben mehr als 1.000 Unternehmen die Bündelung aller Verkaufskanäle von E-Bay über Amazon bis hin zu eigenen Webshops. Das Versandarchiv der Plattform bietet einen guten Überblick über die Aktivitäten – Sammellisten und Retourenportal erleichtern das individuelle Versandmanagement.
Die Versandplattform für Pakete werde aktuell von kleinen bis mittelgroßen Onlinehändlern besonders gerne genutzt, so Jagerhofer. Es verwundert also nicht weiter, dass der Unternehmer eine Kooperation mit Quickstart Online (QSO) als Erweiterung der Services eingegangen ist. QSO ist 2020 in Zusammenarbeit von Amazon und dem Handelsverband Deutschland (HDE) sowie dem Netzwerk „Händler helfen Händlern“ entstanden.
Das kostenlose Wissensportal bietet umfangreiche Informationen zum Thema E-Commerce für kleine und mittelständische Unternehmen. Die am Bereich Onlinebusiness interessierten User und potenziellen E-Commerce-Unternehmer können auf Webinare, Broschüren, Talks und Coachings zugreifen. Denn klar ist: Dieser Bereich hat enormes Wachstumspotenzial.
Befeuert wurde das Geschäft im Onlinehandel durch Corona – die Paketzustellung zeigt nach wie vor einen starken Aufwärtstrend; so auch in Österreich. Mehr noch: Laut aktuellster Untersuchung des Handelsverbands Österreich in Kooperation mit der KMU Forschung Austria aus dem Jahr 2020 befindet sich E-Commerce offenbar auf einem noch lange nicht beendeten Höhenflug. „Die österreichischen Distanzhandelsausgaben werden vom E-Commerce getragen und erreichen 2020 mit 8,7 Mrd. € einen neuen Rekordwert“, heißt es da ein wenig sperrig. Top-Warengruppen seien Bekleidung (1,95 Mrd. €), Elektrogeräte (1,3 Mrd. €) und Bücher mit 0,6 Mrd. € Umsatz.
Im Ländervergleich liegt Österreich hinter Deutschland und vor der Schweiz, heißt es in der Studie weiter. „Rund 12 % der gesamten Einzelhandelsausgaben der österreichischen Privathaushalte fließen bereits in den Distanzhandel“, so die Studienautoren. Der Umsatzanteil des Handyshoppings habe sich dabei seit 2014 verfünffacht – ein Ende ist hier jedenfalls noch nicht in Sicht. Hannes Jagerhofer ist überzeugt davon, dass Versanddienste via Handy an Bedeutung gewinnen werden: In den USA gebe es schon Services im Umfeld des Onlinehandels, etwa gemeinsam mit Supermarktketten, die sich mit ihren Kunden zu Versanddienstleistern zusammenschließen. Jagerhofer: „Das könnte auch in Zukunft bei uns so aussehen, dass Sie zum Beispiel im Baumarkt an der Kassa stehen und eine Benachrichtigung in Ihrer App bekommen, ob Sie Online-Einkäufe von Kunden mitnehmen wollen, die auf ihrem Weg nach Hause liegen. Für Ihre Dienste bekämen Sie zum Beispiel Rabatte oder Geld.“ Durch derlei Initiativen könnten Paketzustelldienste entlastet werden und gleichzeitig die Kunden eines Unternehmens profitieren.
Der mengenmäßige Anteil der im Regelfall kleinen bis mittelgroßen Pakete, die in die Haushalte geliefert werden, wird bei den großen Logistikern nämlich größer. Bereits jetzt warnen Zustelldienste vor einem Kollaps. Jagerhofer verweist auf einen Artikel von welt.de, in dem für die kommenden Jahre ein Anstieg der Paketzustellungen um fast zwei Milliarden Sendungen prognostiziert wird: Bis 2025 rechne man in Deutschland mit bis zu 5,7 Milliarden Paketzustellungen. Allein vier Milliarden Sendungen wurden vergangenes Jahr in Deutschland zugestellt, 11 % mehr als im Jahr davor.
Während vor Corona das Wachstum der Sendungszahlen bei durchschnittlich jährlich 4 % lag, waren es 2020 7 %. Da werden auch die Fahrer knapp. Bis 2025 rechne man mit einem zusätzlichen Bedarf von mindestens 60.000 Zustellfahrern – ohne die Feiertage dazugerechnet zu haben.
Dies könnte in jedem Fall die zweite Chance für myrobin.com sein, sagt Hannes Jagerhofer. Die „Mitfahrgelegenheit für Dinge“, die Interessierte bzw. Registrierte im gesamten DACH-Raum nutzen können, sei einfach auch ein Kind ihrer Zeit. „Es hat eine persönliche Note, wenn die Menschen, die etwas mitgeben oder mitnehmen, einander begegnen“, sagt Jagerhofer. „Die Dinge werden auch sehr verlässlich geliefert. Ich finde die Themen Verlässlichkeit und Eigenverantwortung im Rahmen dieser Mitnahmen sehr spannend. Es wird mit großer Gewissenhaftigkeit zugestellt. Bei der Warenübergabe passiert offenbar Vertrauensbildung.“
Und tatsächlich werden Stimmen von Nutzern auf der Homepage zitiert, die vom vertrauensvollen Umgang in dieser „Mitfahrgelegenheit-Community“ zeugen: Zahlreiche Dinge – vom Brautkleid für den Tag der Tage über den vergessenen Haustürschlüssel bis hin zum Reisepass – wurden myrobin-Fahrern schon anvertraut.
Nebst Community-Building ist vor allem der positive Effekt für die Umwelt das wichtigste Argument, die Plattform zu nutzen. Jagerhofer: „Leere Kofferräume können so sinnvoll gefüllt und dringende Lieferungen absolut flexibel zugestellt werden“ – und der Fahrer oder die Fahrerin bekommt einen attraktiven Kostenzuschuss. „Diese Plattform werde ich im kommenden Jahr neu aufsetzen“, so der Unternehmer. Jetzt, da checkrobin.com zu 90 % zu Ende gedacht und programmiert ist, könne er sich myrobin.com in Anbetracht der neuen technischen Möglichkeiten widmen. Aktuell bietet myrobin.com sämtliche Leistungen in Deutschland und Österreich gratis an.
Text: Heidi Aichinger
Fotos: David Visnjic
Dieses Advoice erschien in unserer Ausgabe 9–21 zum Thema „Handel“.