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Der Carsharing-Markt ist hart umkämpft – wenige Unternehmen geben mit ähnlichen Angeboten den Ton vor. Das Unternehmen Uze Mobility will das ändern – und setzt auf kostenlose E-Transporter, Werbung und Daten.
Die Idee hinter dem Start-up Uze Mobility klingt zunächst einmal sehr ambitioniert. Die beiden Gründer, Alexander Jablovski und Sebastian Thelen, wollen E-Transporter in Städte bringen – und zwar kostenlos. Nutzer können die Transporter flexibel über eine App buchen. Uze finanziert sich rein über Werbung und den Verkauf von Fahrt- und Umweltdaten, die das Fahrzeug misst. Somit funktioniert Geschäftsmodell ähnlich wie bei Google oder Facebook. Die E-Transporter sind mit E-Ink Displays, also nichtleuchtenden, papierähnlichen Anzeigetafeln, ausgestattet und spielen je nach Standort die passende Werbung aus. „Damit wollen wir die Unterhaltskosten des Fahrzeugs tragen“, erklärt Alexander Jablovski, CEO von Uze Mobility. Endnutzer können das Fahrzeug ganz einfach über eine App buchen. In Zukunft sollen auch weitere digitale Anwendungen für Fahrzeuge hinzukommen – allen voran eine kleine Technikbox, die neben GPS- und Fahrdaten auch Emissionen, Wetterdaten, den Straßenzustand oder ähnliche Umweltdaten misst. Diese Daten kann Uze dann an andere Unternehmen weiterverkaufen – und zwar anonymisiert, so die beiden Gründer. „Wir haben uns überlegt, was wir bei dem bisher eindimensionalen Geschäftsmodell Carsharing anders machen können“, sagt Jablovski. Sein Ziel: Elektromobilität der Masse zugänglich machen.
Jablovski und Thelen gründeten Uze Mobility Anfang Juni 2018. Anfang April dieses Jahres hatten sie bereits 28 E-Transporter in Bremen und Hamburg im Einsatz. Mittlerweile sind es bedeutend mehr – jede Woche kommen laut den Gründern fünf dazu. Ende 2018 hat Uze 500 Transporter vom deutschen Fahrzeughersteller Streetscooter bestellt, die sie nun Stück für Stück auf die Straßen bringen. Zentraler Ausgangsort für die Uze-Flotte sind sogenannte Citycamps – das sind quasi Basisstationen, an denen die Transporter untergebracht, aufgeladen und repariert werden. Die Prüfung auf Schäden erfolgt dabei mithilfe eines Scanner-Tunnels – sozusagen einer Durchfahrt, die die Oberfläche der Transporter scannt und sie auf Dellen und Schäden untersucht. Das erste Uze Citycamp steht bereits in Bochum. Es ist die Basis von gut 60 E-Transporter und bietet entsprechend viele Ladestationen. Um die Transporter auszulasten, arbeitet Uze unter anderem mit Logistikunternehmen und Location-Partnern wie OBI oder Bauhaus zusammen. Diese können Fahrzeuge gegen Werbegeld vor ihren Geschäften platzieren. Bis 2021 sollen so 2.000 Uze-Transporter auf den Straßen fahren – vorrangig im DACH-Raum.
Divers wie die Mobilität selbst
Abseits der E-Transporter hat Uze noch eine ganze Reihe an weiteren Plänen – unter anderem will das Start-up kostenlose E-Roller für Lieferanten und Privatpersonen und Medikamentenlieferungen mit Drohnen auf den Markt bringen. Dafür arbeiten sie mit Experten und Partnern aus den entsprechenden Branchen zusammen, erklärt Jablovski. Bis 2021 soll auch ein mobiles Werbedisplay für Lieferautos abseits der Uze-Flotte kommen – damit sollen die Besitzer an den Werbeeinnahmen mitverdienen. Für normale PKW eigne sich die Box allerdings nicht, denn hier sei die Werbefläche zu gering. Deshalb fokussiere sich Uze eher auf Lieferautos. Daneben arbeitet das Unternehmen noch an der bereits erwähnten Technikbox – die sogenannte Smart Box –, die Fahrt- und Umweltdaten misst.
Was all diese Pläne gemeinsam haben? „Sie verbinden Hardware und Software“, erklärt Jablovski. „Wir verstehen uns deshalb ein bisschen als Digitalunternehmen.“ Dass es bei Uze tatsächlich sehr stark um Software geht, wird klar, wenn man die Anwendungen der Smart Box betrachtet. „Wir wollen auf den Boxen Apps laufen lassen“, sagt Jablovski. „und damit zum App-Store der Straße werden.“ Die Apps könnten etwa detaillierte Daten zur Emissionsbelastung einer Stadt liefern, Allergiker vor Pollen warnen oder standortabhängige Wetterprognosen liefern. Auch Versicherungen könnten die Daten benutzen, um Versicherungsbeiträge anhand des Fahrverhaltens einer Person zu berechnen. Solch ein freier Umgang mit Daten wirft natürlich auch Fragen zum Datenschutz auf. „Der Fahrer bleibt immer Eigentümer der Daten“, erklärt Jablovski. „Er kann sie freiwillig überlassen, muss es aber nicht.“ Außerdem würden alle Daten mittels der Blockchain-Technologie verschlüsselt. Die Beta-Tests für die Box starten noch dieses Jahr. Bis 2021 soll sie dann auch für Privatnutzer verfügbar sein.
Branchenkenner
Bevor Jablovski gemeinsam mit seinem Kollegen Sebastian Thelen Uze Mobility gegründet hat, war er beim Autozulieferer Metalsa beschäftigt. Dort hat er unter anderem 38 Start-ups im Mobilitäts-Bereich mit aufgebaut. Bereits am ersten Tag nach der Idee für Uze, Anfang Juni 2018, sicherte er sich ein Investment über 500.000 € von Jens Hilgerloh – dem Besitzer der Autovermieter Starcar und Europa Service. Nur vier Monate später, im Oktober 2018, stieg der Daimler Vertriebspartner Lueg AG mit einer Million € im Unternehmen ein. Durch zusätzliche Kooperationen ist diese Summe mittlerweile auf fast zwei Millionen € gewachsen – weitere Investoren seien ebenso schon an Bord, so Jablovski. Diese kann er zum Zeitpunkt unseres Interviews nicht nennen. Auch politisch bekommt Uze starke Unterstützung – vor allem von der Stadt Bremen, die das Projekt zum Teil sogar in die Stadtplanung integriert.
Alexander Jablovski
ist CEO und Mitgründer von Uze Mobility. Er studierte Industrial Engineering und war vor der Gründung von Uze bei Metalsa, ISE Automotive und Daimler beschäftigt.
Bis Ende 2019 will sich Uze auf den Aufbau ihrer Flotte im DACH-Raum konzentrieren und von derzeit 50 auf 135 Mitarbeiter wachsen. Sie wollen beweisen, dass das Konzept funktioniert. Für das erste bis zweite Quartal 2020 ist dann die nächste Finanzierungsrunde geplant. Im Zuge dieser möchte Jablovski 30 bis 50 Millionen € einsammeln - und mit diesem frischen Geld den Sprung in die USA, Mexiko, Dubai und Asien schaffen. Dafür kommuniziert er jetzt schon mit zwölf potenziellen Partnern.
Zukunftsmarkt Car-Sharing
Chancen bietet das Konzept Car-Sharing auf jeden Fall – sowohl in ökonomischer, als auch ökologischer Hinsicht. Laut dem deutschen Bundesverband Car-Sharing ersetzt ein Auto der großen Sharing-Anbieter car2go und DriveNow jeweils bis zu 3,6 Autos. Hinzu kommt die Tatsache, dass laut dem Beratungsunternehmen Frost & Sullivan bis 2025 weltweit bis 36 Millionen Menschen Car-Sharing Angebote nutzen sollen. Das bringt laut weiteren Studien gemeinsam mit UBS und von Brain & Company einen weltweiten Umsatz von 9,1 Milliarden $ und eine Umsatzrendite von 9 Prozent. Auch für Autobauer bietet Car-Sharing Möglichkeiten. Den Beratungsunternehmen Roland Berger und Lazard zufolge sollen im Jahr 2025 New-Mobility Angebote, zu denen auch Car-Sharing gehört, 15 Prozent des weltweiten Fahrzeugabsatzes ausmachen.
Das ist auch den deutschen Autobauern bewusst. Anfang 2019 waren die Daimler-Tochter Car2Go und das BMW-Unternehmen DriveNow die mit Abstand größten Spieler in diesem Segment. Im Februar haben sich Daimler und BMW mit Car2Go und DriveNow zum Joint Venture ShareNow zusammengeschlossen. Im Zuge dessen haben BMW und Daimler mehr als eine Milliarde € investiert und eine ganze Reihe weiterer Mobilitätsunternehmen wie den Ride-Hailing Anbieter MyTaxi oder Parkdienst Parkline eingekauft. Laut Eigenangaben hat ShareNow bereits vier Millionen Kunden in 30 Städten. Dabei hat das Joint-Venture es noch nicht einmal eine eigene App. Derzeit können Car2Go-Nutzer in ihrer App auch Autos von DriveNow buchen und umgekehrt – eine einheitliche Plattform fehlt noch.
Text: David Hanny
Fotos: Uze Mobility
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