Das Sneaker-Mastermind

Cro, Lewis Hamilton und Justin Bieber: Sie alle tragen 3D-gedruckte Schuhe, die in Hamburg vom deutschen Unternehmen Zellerfeld hergestellt werden. Dahinter steckt Under 30-Listmaker Cornelius Schmitt, der es – trotz „zweier linker Hände“ – aus einem kleinen Keller heraus geschafft hat, die Schuh- und 3D-Druck-Branchen auf den Kopf zu stellen.

Cornelius Schmitt, Gründer und CEO von Zellerfeld, schaltet sich aus Las Vegas zu einem Videointerview dazu. An seiner Seite: Michael Krause, ehemaliger Spotify-Europa-Chef, der erst seit wenigen Wochen als Chief Platform Officer für E-Commerce und Plattform-Management bei Zellerfeld verantwortlich ist. „Ich glaube an Cornelius und die Vision von Zellerfeld“, erklärt Krause seinen Wechsel nach über sieben Jahren in einer Führungsposition bei Spotify. Doch nicht nur der ehemalige Spotify-Manager glaubt an die Idee von Schmitt, Schuhe gänzlich mit 3D-Druckern herzustellen: Auch bedeutende Fashion-Unternehmen wie Moncler oder Louis Vuitton haben Zellerfeld bereits ins Visier genommen.

So präsentierte Schmitt erst wenige Tage vor dem Interview auf der Messe Complex Con in Las ­Vegas mit dem ­Sportmodehersteller Nike einen neuen, gemeinsam entwickelten Sneaker. Stolz hält er den Nike Airmax 1000 vor die Kamera: ein vollständig 3D-gedruckter, leuchtend roter Sportschuh, der komplett ohne Schnürsenkel auskommt, perfekt an den Fuß angepasst ist und zwar noch an den klassischen Nike Airmax erinnert, doch durch markante Ecken und Kanten ein völlig neues, futuristisches Erscheinungsbild bekommen hat. „Der CIO von Nike sagte einmal: ‚The underfoot sensation of Zellerfeld’s 3D-printed shoes completely changed our perspective on 3D-printed footwear.‘ Ich denke, das bringt ziemlich gut auf den Punkt, wofür Zellerfeld steht und was unser Ziel ist: 3D-­gedruckte Schuhe an jeden Fuß der Welt zu bringen“, so Schmitt.

Auch wenn der Gründer heute große Kooperationen mit inter­nationalen Unternehmen eingeht, waren die Anfänge, wie Schmitt selbst beschreibt, eher bescheiden: „In der Schule war ich ein Misfit. Ich hatte Schwierigkeiten, Freunde zu finden, und war irgendwie immer anders als meine Mitschüler – nicht zuletzt wegen der verrückten Schuhe, die ich stets gerne getragen habe“, erinnert er sich zurück.Trotz der Herausforderungen in seiner Schulzeit wusste Schmitt schon früh, dass er etwas „Magisches“ erschaffen wollte. „Als ich als Kind Steve Jobs im Fernsehen sah, wie er das erste iPhone vorstellte, war mir klar, dass ich eines Tages wie er ­einen echten Gamechanger erfinden möchte. Dieser Moment war definitiv ein Wendepunkt in meinem Leben und hat meine Karriere geprägt“, erzählt er rückblickend.

Nach seiner Schulzeit entschied sich Schmitt für ein Ingenieur­studium, bei dem er erstmals mit einem 3D-Drucker in Berührung kam. „Dieser erste Kontakt war für mich etwas ganz Besonderes – es fühlte sich an wie eine Zaubermaschine, die auf Knopfdruck alles herstellen konnte“, erinnert sich der Unternehmer. Schnell kam ihm die Idee, eigene Schuhe mit einem 3D-Drucker maßanfertigen zu lassen. Kein einfaches Unterfangen, da herkömmliche Drucker fast ausschließlich einen sehr festen, für Schuhe unbrauchbaren Kunststoff zum Drucken verwenden. Schmitt entschloss sich, im Keller seinen eigenen Drucker zu bauen. Das Ziel: eine Maschine, die mit einem weichen, flexiblen Kunststoff arbeiten kann. „Ich habe mich acht Monate lang im Keller eingeschlossen und versucht, diesen Drucker zu bauen. Fast ­jeder Tag endete in einer völligen Katastrophe, bei der die Maschine fast in Flammen aufging“, erzählt er ­lachend. Doch trotz der Rückschläge und seiner „zwei linken Hände“, wie er sagt, schaffte Schmitt es schließlich, einen Schuh zu drucken. „Der Schuh war unglaublich hässlich, aber in diesem Moment war ich der glücklichste Mensch der Welt“, so Schmitt.

An Nachfrage nach Schuhen aus dem Hause Zellerfeld mangelt es laut Schmitt nicht.

Aus dem kleinen, selbst gebauten 3D-Drucker in Schmitts Keller ist in nur fünf Jahren ein Unter­nehmen mit rund 210 hochmodernen Druckern geworden. Diese laufen in Hamburg fast rund um die Uhr und produzieren maßgeschneiderte Schuhe, die weltweit verkauft werden. Heute arbeitet Zellerfeld mit Branchenriesen wie Nike, Louis Vuitton und Moncler zusammen, ebenso wie mit prominenten Persönlichkeiten, darunter der deutsche Rapper Cro und der kanadische Pop-Sänger Justin Bieber. Doch auch Privatpersonen können sich über die Zellerfeld-Website ­einen Slot kaufen, um aus vielen Tausenden hochgeladenen Designs einen Schuh zu drucken.

Das Besondere an 3D-gedruckten Schuhen ist laut Schmitt nicht nur die künstlerische Freiheit, sondern auch die Möglichkeit, die Schuhe maßgeschneidert für jeden Fuß anzufertigen. „Unser Ziel ist es, irgendwann diese maßgeschneiderten 3D-gedruckten Schuhe für den Massenmarkt herzustellen. Sie wären dann perfekt auf den Fuß angepasst, könnten die Gehweise und Laufbewegung unterstützen und wären langfristig vielleicht sogar günstiger als herkömmliche Sneaker. Was will man mehr?“, so Schmitt. Heute kosten die Schuhe auf der Website von Zellerfeld zwischen 220 und 300 US-$. Die „Mars Mellow“-Schuhe von Cro beispielsweise sind für 380 US-$ (plus einer Slot-Reservierung für den Druck für 10 US-$) zu haben.

Schmitt hebt zudem hervor, dass 3D-gedruckte Schuhe, die aus einem Kunststoff gefertigt werden, der recycelbar ist, auch aus Umwelt- und Ethik-Aspekten nach­haltiger sind. Er erklärt: „In Sweatshops arbeiten teilweise Tausende Menschen, die täglich ein­tönige Aufgaben wie das Falten von Schnürsenkeln erledigen. Das ist doch menschenunwürdig! Wir haben auf der einen Seite KI, die für uns denken kann, und auf der anderen Seite werden Menschen immer noch mit solch monotonen Tätigkeiten beschäftigt. Warum kann nicht einfach alles gedruckt werden?“

An Nachfrage nach Schuhen aus dem Hause Zellerfeld mangelt es laut Schmitt nicht; im Gegenteil: Das Unternehmen steht aktuell vor der Herausforderung, die Produktion zu skalieren. „Die ersten Jahre haben wir nur gebootstrappt. Mittlerweile sind wir Finanzierungen gegenüber nicht mehr abgeneigt; auch, weil wir ja gerade auf Wachstumskurs sind“, so Schmitt.

Denn der Hamburger hat große Ziele vor Augen und ist ­offen ­dafür, mit seinen 3D-Druckern in (ferner) Zukunft auch ­andere Produkte kommerziell herzustellen. Schmitt: „Wir wollen keine direkte Konkurrenz zu großen Schuhherstellern wie Nike oder Adidas sein, sondern eher als Plattformanbieter und Enabler für diese Brands agieren. Und wer sagt denn, dass wir immer nur bei Schuhen bleiben müssen?“ Zunächst möchte er sich aber auf sein primäres Ziel konzen­trieren: 3D-gedruckte Schuhe für ­jeden Fuß der Welt herzustellen – eine Aufgabe, die den Unternehmer sicherlich noch länger beschäftigen wird.

Cornelius Schmitt begann in seinem Studentenwohnheim in Deutschland, 3D-Drucker für Schuhdesigner zu bauen. Luxusmodehäuser wie Louis Vuitton und Moncler wurden auf ihn aufmerksam und nutzten seine Technologie, um ihre Schuhe zu drucken. 2016 gründete er Zellerfeld Shoe – mit dem Ziel, 3D-gedruckte Schuhe an jeden Fuß der Welt zu bringen.

Fotos: beigestellt

Lela Thun,
Redakteurin

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