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Neue EU-Richtlinie CSRD verändert Nachhaltigkeitsberichterstattung. Was Unternehmen wissen müssen.
Mit Beginn des Jahres 2025 treten in der Europäischen Union erweiterte Offenlegungspflichten für Unternehmen in Kraft. Michael Dessulemoustier, der als Partner für Nachhaltigkeit bei Forvis Mazars in Österreich tätig ist, hat für Forbes einen Überblick erstellt. Dieser beleuchtet die bevorstehenden regulatorischen Herausforderungen, denen sich zunächst Großkonzerne und in der Folge auch mittelständische Unternehmen stellen müssen.
Welche zentralen Aspekte der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden in den kommenden Jahren für Großkonzerne und nachfolgend auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) relevant?
Die CSRD-Vorbereitung läuft für viele Unternehmen bereits, doch es ist noch Zeit, sich mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen. Der Prozess beginnt mit der Festlegung von Verantwortlichkeiten und der Unterstützung durch die Unternehmensleitung. Anschließend erfolgt eine Bestandsaufnahme vorhandener Unterlagen und Richtlinien. Kernstück der CSRD ist die Wesentlichkeitsanalyse, die sowohl Unternehmensauswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft als auch finanzielle Risiken und Chancen berücksichtigt. Dabei werden Stakeholder-Perspektiven einbezogen und relevante ESG-Themen anhand der ESRS-Anforderungen identifiziert.
Nach Priorisierung der Themen folgt eine Gap-Analyse zur Ermittlung vorhandener und noch zu erhebender Daten. Die ESRS definieren die zu berichtenden Informationen, einschließlich allgemeiner Anforderungen und spezifischer Standards.
Diese Schritte ermöglichen es Unternehmen, die grundlegenden Berichtspflichten zu erfüllen. Themen wie ESG-Datenmanagement und Taxonomiekonformität können in späteren Phasen angegangen werden.
Worauf sollten Unternehmen bei der Umsetzung besonders achten?
Ein kritischer Aspekt ist die sorgfältige Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse. Eine nicht CSRD-konforme Herangehensweise kann zu ineffizientem Ressourceneinsatz und fehlgeleiteter Berichterstattung führen. Es besteht die Gefahr, irrelevante Themen einzubeziehen oder wichtige zu übersehen, was spätere kostspielige Korrekturen nach sich ziehen könnte.
Zudem ist es wichtig, realistisch an die Umsetzung heranzugehen. Der Versuch, von Anfang an alle Anforderungen zu erfüllen, kann kontraproduktiv sein. Stattdessen empfiehlt sich eine fokussierte, schrittweise Herangehensweise mit einem klaren Langzeitplan. Dies hilft, Überforderung und Frustration zu vermeiden.
Die Entwicklung einer fundierten Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ein langfristiger Prozess. Während die gesetzlichen Mindestanforderungen stets eingehalten werden müssen, sollte die kontinuierliche Verbesserung das Ziel sein. Die Ausarbeitung integrierter Strategien, Maßnahmen und Ziele sowie die Etablierung strukturierter Prozesse und automatisierter Datenmanagementlösungen sind wichtige Aspekte, die Zeit benötigen und schrittweise umgesetzt werden können.
Welche allgemeinen Empfehlungen haben Sie für Unternehmen?
a) Stakeholder-Beteiligung: Die Einbindung von Mitarbeitenden, Lieferant:innen und Kund:innen ist entscheidend für die Themenauswahl. Diese Gruppen bringen wertvolle Perspektiven ein, die Ihnen helfen können, Ihre identifizierten Themen zu validieren und zu erweitern.
b) Themenfokus: Konzentrieren Sie sich zunächst auf die Erarbeitung relevanter Themen. Erst danach sollten Sie sich mit der Datensammlung, der Entwicklung von Plänen und dem Bericht beschäftigen. Ein klarer Fokus auf die Themen ist unerlässlich, bevor Sie mit dem Schreiben beginnen.
c) Es ist nicht zu spät: Auch wenn 2025 näher rückt, können Sie die Mindestanforderungen bis Ende 2025 erfüllen und einen grundlegenden Bericht erstellen. Es besteht kein Grund zur Panik! Expertenwissen kann Ihnen helfen, diese Aufgabe schneller und effizienter zu bewältigen.
d) Frühzeitig handeln: Warten Sie nicht auf die nationale Umsetzung der Regelungen. Obwohl dies überfällig ist, bieten CSRD und ESRS bereits jetzt ausreichend Informationen, um mit den notwendigen Vorbereitungen zu beginnen.
Welche zusätzlichen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen müssen Unternehmen aktuell im Bereich Nachhaltigkeit berücksichtigen?
Die EU-Taxonomie ist ein zentrales Element der Nachhaltigkeitsberichterstattung für CSRD-pflichtige Unternehmen. Dabei müssen sie:
a) Taxonomiefähige und -konforme Aktivitäten identifizieren, unabhängig von deren Wesentlichkeit oder Kerngeschäftsrelevanz.
b) Den Katalog der Wirtschaftsaktivitäten nutzen, um relevante Tätigkeiten zu ermitteln. Nicht alle Aktivitäten (z.B. Handel) sind taxonomiefähig.
c) Technische Bewertungskriterien der EU-Kommission sowie NACE-Codes zur Beurteilung der Taxonomiekonformität heranziehen.
d) Die Taxonomie-Berichterstattung ab 2025 in die Nachhaltigkeitserklärung integrieren. Anfangs kann die Frage der Taxonomiekonformität bei Datenmangel offen bleiben. Diese Vorgehensweise ermöglicht es Unternehmen, schrittweise die komplexen Anforderungen der EU-Taxonomie zu erfüllen und in ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung einzubinden.
Die CSRD und CSDDD ergänzen sich in der EU-Nachhaltigkeitsregulierung: CSRD: Fokus auf Transparenz und Berichtspflichten CSDDD: Konzentration auf aktive Maßnahmen gegen negative Menschenrechts- und Umweltauswirkungen Obwohl die CSDDD nur etwa 0,5% der EU-Unternehmen direkt betrifft, verpflichtet sie diese zu:
- Integration von Sorgfaltspflichten in Unternehmensstrategie und Risikomanagement
- Erkennung und Bewältigung von Risiken entlang der Lieferkette
- Angemessene Einbindung von Stakeholdern
- Analyse der eigenen Geschäftstätigkeit und der von Partnern auf potenzielle Risiken
- Überwachung der Maßnahmenwirksamkeit
- Sicherstellung der Konformität mit Klimazielen und Erstellung eines Übergangsplans
- Diese Anforderungen ergänzen die bestehenden CSRD-Vorgaben und verstärken
den Fokus auf aktives Nachhaltigkeitsmanagement.
Welche Unternehmen sind betroffen und ab wann?
- Ab 2027 gilt die Richtlinie für Unternehmen oder Gruppen mit mehr als 5.000
Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 1,5 Mrd. EUR. - Ab 2028 gilt die Richtlinie für Unternehmen oder Gruppen mit mehr als 3.000
Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 900 Millionen Euro. - Ab 2029 gilt die Richtlinie in vollem Umfang: Unternehmen oder Gruppen mit mehr
als 1.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 450 Mio. €. - Darüber hinaus fallen auch Franchise-Unternehmen in der EU mit Lizenzgebühren von mehr als 22,5 Mio. € und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 80 Mio. € sowie bestimmte Nicht-EU-Unternehmen mit erheblichen Aktivitäten in der EU (mehr als 450 Mio. € Nettoumsatz in der EU) in den Anwendungsbereich der Richtlinie.
Foto: Michael Dessulemoustier, Partner & Nachhaltigkeitsexperte bei Forvis Mazars Austria