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Die Schaffung von Smart Citys ist einer der großen Trends des dritten Jahrtausends. Hightech aus den Bereichen Energie, Mobilität, Stadtplanung, Verwaltung und Kommunikation wird dabei miteinander vernetzt, die Lebensqualität für die Bewohner gesteigert. Da gibt es natürlich auch Geld zu verdienen.
Der urbane Lebensraum wird sich in den nächsten Jahren deutlich verändern, wenn es nach dem Willen vieler Stadtplaner geht – und zwar in Richtung einer höheren Lebensqualität durch den Einsatz von Hightech in noch mehr Bereichen als bisher. Durch die Vernetzung von Energie, Mobilität, Stadtplanung, Verwaltung und Kommunikation soll die Lebensqualität der Bewohner deutlich gesteigert werden – dass sich damit auch die Nachhaltigkeit deutlich erhöht, ist ein mehr als erwünschter Nebeneffekt.
Im Idealfall findet eine ständige Interaktion der Einwohner mit den sie umgebenden Technologien statt, sodass menschliche Aspekte und Technik verschmelzen und sich daraus eine gemeinsame Infrastruktur entwickelt. Zum Konzept der Smart City gehören unter anderem das Ende der fossilen Energieträger, die Forcierung der Elektromobilität, flexible Carsharing-Modelle oder etwa Kreislaufprozesse für Wasser- und Abwasserhaushalt sowie Müllrecycling. Um all dies zu erreichen, werden Daten auf breiter Ebene gesammelt und in einem Mix aus Internet der Dinge und Dienstleistungen analysiert und schließlich über die Cloud an die einzelnen Sektoren weitergeleitet.
Die Projekte werden mit Hochdruck betrieben, immerhin geht es auch darum, durch die Umsetzung der Smart-City-Projekte nicht zuletzt die Klimaziele zu erreichen. In Deutschland liegen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg bei den Smart-City-Initiativen vorn; im gesamten Bundesgebiet sind 50 Städte – von Aachen über Chemnitz bis Würzburg – auf dem Weg zur Smart City. In der Schweiz sind unter 84 Städten unter anderem Zürich, Basel und Winterthur ganz vorne mit dabei; Österreich will sich bei diesem Thema überhaupt als zentraler Vorreiter in Europa etablieren: 10 % aller Smart-City-Projekte der Europäischen Union liegen in der Alpenrepublik – insgesamt 143 Stadtprojekte und neun Begleitmaßnahmen wurden in Angriff genommen.
Die Maßnahmen werden von den Staaten und der EU gefördert, und davon profitiert auch das holländische Unternehmen Fastned. Es betreibt in mehreren europäischen Ländern ein Netzwerk von öffentlich zugänglichen Ladestationen für Elektrofahrzeuge, das ständig erweitert wird. Damit soll die Elektromobilität gepusht werden – immerhin ist der Hauptgrund, nicht auf ein E-Auto umzusteigen, die Angst vor dem Liegenbleiben, weil die Batterie leer ist.
2012 in Amsterdam von Bart Lubbers und Michiel Langezaal gegründet, verfügt Fastned inzwischen über 54 Mitarbeiter. Insgesamt betreibt Fastned rund 140 Schnellladestationen, mehr als 160 sind in der Pipeline. An die 1.000 Ladestationen, die ausschließlich Grünstrom mit hoher Kilowattzahl liefern, sollen es europaweit werden. Je nach Fahrzeugsystem kann man im Idealfall in 15 Minuten bis zu 300 Kilometer Reichweite zum attraktiven Preis von 35 Cent pro Kilowattstunde laden. Ladestationen gibt’s aktuell in den Niederlanden, Belgien, Deutschland, der Schweiz und Großbritannien.
Fastned ist ein sogenannter Early Mover, war also bereits sehr früh im Markt. Noch sind die Umsätze bescheiden: Nach einer Analyse von Kepler Cheuvreux könnte man in diesem Jahr an die 16 Millionen € einnehmen. Das sollte sich aber in den kommenden Jahren jeweils verdoppeln. Dies scheint durchaus realistisch: Mit einem Umsatz von 4,4 Millionen € aus den Ladevorgängen stieg der Umsatz im ersten Halbjahr 2021 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 63 %.
Die Börsenkapitalisierung ist mit 900 Millionen € recht knackig für ein Unternehmen, das noch keine Gewinne macht – aber das war auch bei Tesla lange Zeit so. Mit letzterem Unternehmen hat Fastned übrigens einen riesigen Ladepark bei Hilden in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Börsenprofis gefällt der Titel; aktuell notiert die Fastned-Aktie bei 53 € (alle Zahlen wie immer Stand Redaktionsschluss). Die Analysten von Kepler sehen das Kursziel bei 133 €, da ist also noch allerhand Spannung drin.
Das Thema Smart Citys ist eines, das naturgemäß auch die großen Player auf den Plan ruft – solche vom Kaliber wie Siemens zum Beispiel. Beim deutschen Großkonzern hat man sich unter dem Titel „New Siemens“ Gedanken gemacht, wie man vom Zukunftstrend profitieren kann, denn Woche um Woche wächst die Zahl der Städter um 1,5 Millionen Menschen, wie Erhebungen zeigen. Während 1950 noch knapp ein Drittel der Weltbevölkerung in Großstädten lebte, werden es bis zum Jahr 2050 mehr als zwei Drittel sein. Das Management der Infrastrukturen in Ballungszentren ist, so hat man bei Siemens erkannt, heute wichtiger als jemals zuvor. Man will Know-how auf allen Ebenen für die Stadt 4.0 einbringen – von selbstfahrenden Bussen über die Vernetzung von Geräten bis hin zu Sensoren.
Auf der Expo 2020 Dubai, die im Oktober 2021 starten wird, will Siemens als erstes sichtbares Projekt die Zukunft des urbanen Lebens neu gestalten, indem auf dem Expo-Gelände eine Blaupause für zukünftige Smart Citys erstellt wird. Dazu werden Siemens-Technologien in 137 Gebäuden der Weltausstellung integriert, was sie zur digitalisiertesten, nachhaltigsten und sichersten Expo aller Zeiten machen soll. Die Partnerschaft soll noch über die Expo 2020 Dubai hinausgehen, da Siemens die bestehende Infrastruktur der Expo als neue Heimat für die zukünftige globale Logistikzentrale nutzen wird.
Noch ist das Segment zu klein, um sich auf die Aktie des Supertankers Siemens spürbar auszuwirken – doch der Konzern ist auch sonst gut unterwegs: Zuletzt pushte ein Milliardenauftrag aus Ägypten zum Bau eines 660 Kilometer langen Eisenbahnnetzes für Hochgeschwindigkeitszüge zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer die Aktie auf knapp 146 €, was ein neues Allzeithoch bedeutet.
Trotzdem gibt es noch Luft nach oben: „Käme es zu einem signifikanten Ausbruch über das bisherige Allzeithoch bei 145,96 €, so wäre dies als Kaufsignal zu interpretieren. Anschließend sähen wir das Kursziel im Bereich um 175 €, also rund 20 % oberhalb des Ausbruchsniveaus“, sagt Analyst Manfred Ries vom Magazin Index Radar.
Ein weiteres bestens etabliertes Unternehmen, das sich ebenfalls ein Scheibchen vom Smart-Citys-Kuchen abschneiden will, ist Cisco Systems. 1984 von Len Bosack und seiner Frau Sandy Lerner gegründet, beschäftigt der Softwareriese aus dem Silicon Valley heute mehr als 77.000 Mitarbeiter weltweit, die im Vorjahr für knapp 50 Milliarden US-$ Umsatz und einen Gewinn von 11,2 Milliarden US-$ sorgten.
Unternehmensziel war es ursprünglich, die Vernetzung von Computern zu vereinfachen und sie effektiver zu nutzen. Heute wächst man auch durch M&A: Seit der Gründung hat Cisco Systems mittlerweile über 212 andere Unternehmen gekauft und integriert. Im Bereich Smart Citys bietet Cisco – der Name leitet sich übrigens vom Kosenamen für San Francisco ab, wo die Gründer die Stanford University besuchten – Konzepte für Masseninfrastruktur, intelligente Wasserlösungen, öffentliches WLAN, intelligente Beleuchtung für Kommunen sowie Verkehrs- und Sicherheitslösungen an.
Der Kurs der Aktie stieg in den letzten zwölf Monaten um knapp 45 % und lag zuletzt bei rund 60 US-$. Während der letzten drei Monate haben sich drei Analysten für das Papier ausgesprochen, drei bewerteten die Cisco-Aktie als neutral. Zu Letzteren zählen auch die Experten der Credit Suisse: Der US-Netzwerkspezialist habe den Umsatz und den Gewinn je Aktie im Jahresvergleich stärker als erwartet gesteigert, die Prognose mit Blick auf die Bruttomarge wurde aber als schwach bezeichnet. Trotzdem hob man das Kursziel von 46 auf 56 US-$ an.
Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 7–21 zum Thema „Smart Cities“.