Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.
Welche Änderungen unseres Arbeitslebens haben weit über das Ende der Pandemie hinaus Chancen, zum „neuen Normalzustand“ zu werden? Wie sieht die Post-Corona-Ökonomie allgemein aus? Ein Gastkommentar von Andrea Trapp, Director of Business EMEA bei Dropbox.
Corona brachte den letzten Beweis dafür, dass unsere Arbeitsweisen schon lange in einer Krise stecken. Mit permanenter Verfügbarkeit trafen wir schon vor Corona im Durchschnitt 35.000 Entscheidungen pro Tag und hetzten durch Businesstage, in denen sich ein Meeting ans andere reihte. Die Folgen des Virus – dazu gehören unter anderem Arbeit ausschließlich aus dem Homeoffice plus Kinderbetreuung und das Ringen mit neuen, ungewohnten Tools – stellten das persönliche Zeitmanagement und die Arbeitsabläufe vieler Wissensarbeiter zusätzlich infrage. Nach der Lockerung der Quarantäne stellt sich nun vielen die Frage: Welche Änderungen unseres Arbeitslebens haben weit über das Ende der Pandemie hinaus Chancen, zum „neuen Normalzustand“ zu werden? Wie sieht die Post-Corona-Ökonomie allgemein aus?
Arbeitswelt, Wirtschaft und Gesellschaft müssen sich jetzt von der Zäsur, die die Covid-19-Schutzmaßnahmen brachten, erholen. Wir sollten diesen Einschnitt nutzen, um für die Zukunft zu lernen und widerstandsfähiger zu werden, denn die nächsten Krisen der Arbeitswelt stehen schon vor der Tür: Sind die ersten Folgen von Corona abgearbeitet, wird der demografische Wandel des Arbeitsmarktes die nächste tiefe Kerbe schlagen. In den kommenden acht bis zehn Jahren wird die Generation der Babyboomer – und damit etwa ein Drittel der Gesellschaft – ins Rentenalter eintreten. Das reißt eine riesige Lücke in den Arbeitsmarkt, die von den nachfolgenden Generationen personell nicht geschlossen werden kann. Doch was die Millennials und die Generation Z an physischer Arbeitskraft nicht wettmachen können, bringen sie an technischem Know-how und Adaptionsfähigkeit mit. Mussten sich die Babyboomer bislang nur alle paar Jahre an Neuerungen wie den PC, das Internet und die Entwicklung des digitalen Arbeitsplatzes gewöhnen, sind die jüngeren Generationen durch ihre quasi angeborene intuitive Nutzung von Apps, mobilen Geräten, Google, Facetime oder MacOS sogenannte „Digital Natives“. Sie sind es gewohnt, immer wieder neue Anwendungen zu erlernen und jene zu nutzen, die gerade dem Trend der Zeit entsprechen oder eben unkompliziert und effektiv einsetzbar sind. E-Signature-Lösungen wie Hellosign sind ein gutes Beispiel: War die elektronische Vertragsunterzeichnung vor Corona ein nettes Tool, um vor allem international schnell zu rechtsverbindlichen Abschlüssen zu kommen, wurde die kontaktlose digitale Signatur in der Krise unerlässlich. Jedes Unternehmen, das nicht bereit ist, alte Spurrillen zu verlassen, um neue Wege zu beschreiten, wird in den kommenden Jahren des Generationenwandels mit gravierenden Marktnachteilen und fehlendem Unternehmensnachwuchs bestraft werden.
Andrea Trapp
... studierte Economics an der Bergischen Universität Wuppertal und war 17 Jahre lang – zeitweise auch im Ausland – in europaweiten Führungs- oder Vorstandspositionen internationaler Tech- und Prop-Tech-Unternehmen tätig, unter anderem bei Oracle. Seit 2019 ist Trapp Director of Business EMEA bei Dropbox und leitet ihre Teams von München aus.
Wenn uns die Krise eines gelehrt hat, dann die Grenzen und Chancen digitaler Lösungen. Die meisten digitalen Werkzeuge begleiten uns bereits seit vor der Krise, den vollen Umfang ihrer Möglichkeiten lernen wir trotzdem erst jetzt verstehen – eine wichtige Erfahrung, die auch in Zeiten eines normalisierteren Bürobetriebs nützlich sein wird. Es ist jetzt schon ersichtlich, dass in Zukunft eine individuelle Mischung aus Arbeit im Büro und Remote Work von zu Hause oder unterwegs weiterhin gewünscht und auch arbeitsrechtlich abgesichert sein wird. Dropbox setzt die Arbeit aus dem Homeoffice für alle Mitarbeiter weltweit bis September 2020 fort, Facebook und Google bestätigen Remote Work bis Jahresende 2020, Twitter möchte das seinen Mitarbeitern sogar lebenslang ermöglichen. Covid-19 hat der Präsenzpflicht vielerorts ein Ende gesetzt, auf jeden Fall aber die traditionelle Präsenzkultur stark infrage gestellt und die Option auf Remote Work fest in den Post-Corona-Spielregeln vieler Unternehmen verankert. Die Unternehmen, die heute tragfähige Remote-Work-Konzepte entwickeln, werden morgen im Kampf um die Talente der Generation Z klar die Nase vorn haben.
Allgemein braucht es nun Modelle, die die Vorstellung von klassischem Effizienzdenken hinter sich lassen. In der IT spricht man von Ausfallsicherheit, wenn es darum geht, Kosten durch Leerlauf oder Unterbrechungen zu vermeiden – Business Resilience kann man als Ausfallsicherheitsstrategie des gesamten Unternehmens verstehen. Sie ist die Fähigkeit eines Unternehmens, sich bei Geschäftsunterbrechungen schnell anzupassen und so zu reagieren, dass Mitarbeiter und Vermögenswerte geschützt werden, während der Geschäftsbetrieb gleichzeitig auf hohem Niveau aufrechterhalten wird, also die Business Continuity geschützt ist.
Garantierte Business Continuity wird zum entscheidenden Kriterium für Flexibilität und die Krisensicherheit eines Unternehmens.
Unternehmen, die resiliente Strategien verfolgen, sind im Umgang mit Krisen agil und reagieren flexibel auf vorhersehbare und unvorhergesehene Disruptionen. Einer Studie im International Journal of Information Management zufolge ist es wichtig, dass sich Business-Continuity-Strategien nicht ausschließlich auf Werterhaltung, sondern stets auf Wertschöpfung konzentrieren, dabei aber ganzheitlich und strategisch – also resilient – sind. Um das zu gewährleisten, brauchen wir agile Technologien, basierend auf mobilen Lösungen. Nur so kann den Anforderungen unserer Zeit an Firmen, Entscheider und Arbeitnehmer begegnet und entsprochen werden. Remote Work kann Management und Wissensarbeit vor Ausfallverlusten schützen. Garantierte Business Continuity wird zum entscheidenden Kriterium für Flexibilität und die Krisensicherheit eines Unternehmens.
Dabei müssen wir uns aber auch eingestehen, dass unsere Produktivität trotz all unserer Anstrengungen nicht einfach eins zu eins weiterfunktioniert, da die ganze Welt derzeit aus den Fugen gerät und unsere Arbeitswelt gerade in zwei Lager zerfällt: Auf der einen Seite stehen die, die aufgrund von Kurzarbeit und reduziertem Auftragsvolumen Gelegenheit haben, Ängsten und Sorgen durch verstärkte Selbstfindung und kreative Betätigung entgegenzutreten. Diese Feststellung soll jenen, deren Lebensgrundlage durch die einsetzende Rezession bedroht ist, keinesfalls unrecht tun. Ihnen gegenüber stehen diejenigen, die auch während der Krise neben ihrem sozialen und emotionalen Stress ein hohes Arbeitspensum bewältigen. Zwar sind wir robust und können eine bestimmte Zeit über unser Maß arbeiten – dauerhafte „Crunch-Time“, ungewöhnliche Arbeitszeiten oder Überstunden hinterlassen aber deutliche Spuren in unserer Psyche oder können sogar zu langwierigen Ausfällen durch Burn-out und Krankheit führen. Alles in allem brauchen wir einen intelligenten Arbeitsplatz und eine Neubewertung unserer Produktivität – unsere Arbeit muss smarter werden statt komplizierter.
Author: Andrea Trapp
Opinions expressed by Forbes Contributors are their own.