Born to Wear Again

Die Babymode-Branche nachhaltiger zu gestalten – mit dieser Idee startete Caroline Schober ihr Uniprojekt in Barcelona: 2023 launchte die Under 30-Listmakerin die Marktplatz-App Neworn. Neben Secondhand-Mode sind inzwischen auch unverkaufte Kollektionen, Musterstücke und Retouren nachhaltiger Labels Teil des Sortiments.

Es gibt kaum eine so verschwendete Ressource wie ein hübsches Kleidchen, das ein Baby zu ­Weihnachten nur einmal trägt und das danach nie wieder zum Einsatz kommt – das dachte sich Caroline Schober schon seit ihrer Jugend immer wieder. Als die Wienerin 2021 für ihren MBA an der EAE Business School in ­Barcelona studierte und bei ­einer Projektarbeit eine Geschäftsidee ent­wickeln sollte, war ihr klar: Es braucht einen Marktplatz für hochwertige gebrauchte Baby- und Kinderkleidung. Ein kleiner Impuls für eine große Wirtschaftsbranche, die in puncto Nachhaltigkeit noch deutlich hinterherhinkt: „10 % des weltweiten CO2-Ausstoßes kommen aus der Modeindustrie; und in Österreich ist das Problem trotz bestehender Lösungen immer noch erheblich“, stellt die 27-Jährige klar. Besonders drastisch findet ­Schober, dass „bis jetzt erst 17 % der Kleidung recycelt werden, der Rest landet im Müll“.

Die gleichzeitig steigende Nachfrage nach Secondhand-Ware macht Businessideen, die sich damit beschäftigen, qualitativ hochwertige Kleidungsstücke einer zweiten Nutzung zuzuführen, umso interessanter. Das weltweite Marktvolumen für Secondhand-Luxusprodukte wuchs von 26 Mrd. € im Jahr 2019 auf 48 Mrd. € im Jahr 2024; fast eine Verdoppelung binnen fünf Jahren. Der Markt wird von wenigen großen Playern dominiert, die sich den Löwenanteil sichern – Platt­formen wie E-Bay, Kleinanzeigen, Willhaben in Österreich und Ricardo in der Schweiz dominieren das Geschehen. Der Lock-in-Effekt, der dazu führt, dass ­Konsumenten aus Komfort bei einem Anbieter bleiben, erschwert es jungen Unternehmen, in der Secondhand-Sparte erfolgreich zu werden.

Schobers im November 2023 gestartete App Neworn wächst zwar fleißig, aber an die Reichweite der Branchenriesen kommt sie bei Weitem noch nicht heran. Neworn hat (Stand Februar 2025) 12.000 Nutzer in Österreich und Deutschland, obwohl in Deutschland noch keine Werbung gemacht wurde; die offizielle Expansion ist für Ende dieses Jahres geplant. Wobei das Budget große Werbekampagnen ohnehin nicht zulässt – denn bis jetzt hat das Start-up kein Kapital von Investoren erhalten. Zu Beginn war die Finanzierung auf privates Geld und Unterstützung von Familienmitgliedern angewiesen; jetzt gelingt die Mittelbeschaffung vor allem durch persönlichen Einsatz und die Nutzung von Förderungen und Preisgeldern.

Besonders bei Letzterem zeigte Schober in den letzten Monaten ihr Talent: Sie wurde 2024 von Change­maker Xchange als „Changemaker for the Planet“ ausgezeichnet und unterrichtete an der University of Sustainability zum Thema Kreislaufwirtschaft. Zudem gewann ihr Unternehmen Neworn den „Close the Circle Award“ von „Ghezzo: Wissen rockt!“, den ersten Platz beim „i2b Businessplan Initiative Award“ und ist als Finalist für den österreichischen Patent-Staatspreis 2025 nominiert, dessen Ergebnis im Juni bekannt gegeben wird.

Obwohl das Gewinnen von Pitching-Contests in der Start-up-Szene hoch geschätzt wird, das Netzwerk erweitert und Siegerprämien bietet, ist es bis zu einem gewissen Grad eine brotlose Kunst. Auch im Cleantech-Bereich gilt: Wer als Start-up relevant sein möchte, muss Umsätze generieren. Obwohl der Businessplan und das Konzept der App gut durchdacht waren, ließ die Sales-Komponente in der Anfangszeit zu wünschen übrig. Erst Ende 2024 wurden die ersten Einnahmen erzielt, nachdem ein Payment Provider eingeführt wurde, der einen sicheren Zahlungsablauf gewährleistet und eine Geld-zurück-Garantie bietet, um das Vertrauen in Secondhand zu stärken.

Im Januar 2025 wurde das Angebot von Neworn durch die neue Initiative „New by Neworn“ erweitert, bei der unverkaufte Ware wie alte Kollektionen, Muster und Retouren in regelmäßigen „Flash Sales“ zu stark reduzierten Preisen verkauft wird. Diese Maßnahme reagiert auf die neue EU-Öko­design-Verordnung, die die Textilindustrie zur Reduzierung ihres ökologischen Fußabdrucks verpflichtet. „Die Flash Sales kommen sehr gut an. Das haben wir ­bereits in den ersten Wochen gespürt“, so Schober.

Langfristig strebt Neworn aber gar nicht an, Willhaben, Vinted oder einem anderen Platzhirsch der Recommerce-Branche den Platz streitig zu machen. Der Fokus bleibt auf Baby- und Kinderartikeln und das Unternehmen soll kein Crossover-Anbieter werden. Durch den direkten Austausch mit der Zielgruppe, primär Eltern, wurde ein Leitfaden erstellt. „Was uns durch all die Gespräche mit Eltern wirklich auf­gefallen ist: Vertrauen ist extrem wichtig auf unserer Plattform“, erklärt Schober. Deshalb können Nutzer Informationen teilen, etwa ob es sich um einen rauchfreien Haushalt handelt oder ob Haustiere vorhanden sind.

Laut Schober soll sich die Plattform vertraut, unkompliziert und persönlich anfühlen: „Das Gefühl soll sein, als würde ich das Kleidungsstück von einer Freundin oder einem befreundeten Paar bekommen.“ Unterstützt wird die Gründerin durch Frederic Leixner, der als Head of Growth das digitale Marketing, den Community-Aufbau, das Kundenfeedback-Management ­sowie die Contentstrategie vorantreibt. Eines der bewährten Features der App ist das Treuepunkte-System: Eltern, die Kleidung weiter­geben oder kaufen, sammeln Punkte, die in Form von Rabatten bei rund 30 nachhaltigen Partnern eingelöst werden können. So wird nicht nur die Kreislaufwirtschaft gefördert, sondern auch ein positiver Anreiz geschaffen: „Man soll mit dem Gefühl herausgehen, dass man etwas Gutes für die Umwelt getan hat“, sagt Schober. Die Plattform setzt auf ein innovatives Einkaufs­erlebnis, das sich von klassischen Secondhand-Marktplätzen abhebt: „Aus den Interviews, die wir geführt haben, ist klar hervorgegangen, dass die meisten Plattformen überfüllt sind. Eltern tun sich schwer, entspannt zu stöbern“, so Schober. „Wir haben uns für dieses Jahr vorgenommen, die App noch einfacher und benutzerfreundlicher zu gestalten.“

Zuständig dafür ist Softwareentwickler Emin Sahin, der als CTO aktiv ist. Auch die Implementierung von KI, um das Einkaufserlebnis zu personalisieren und den Zeit­aufwand beim Kauf erheblich zu ­reduzieren, steht auf seiner Agenda. Für 2025 hat sich Neworn ambitionierte Ziele gesetzt. Schober: „Unser Fokus liegt momentan darauf, die Flash Sales auf Neworn auszubauen und die App noch einfacher zu ­gestalten, um unseren Impact zu maximieren – und Secondhand zur ersten Wahl zu machen.“

Caroline Schober ist Mitgründerin und CEO von Neworn, einer Plattform für den nachhaltigen Handel mit Kinderkleidung. Die App ermöglicht den einfachen An- und Verkauf gebrauchter Kleidung und bietet nachhaltigen Unternehmen eine Vertriebsfläche für unverkaufte Ware.

Fotos: Laurenz Vavrovsky

Paul Resetarits,
Redakteur

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