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Kaum ein deutscher Künstler hat einen ähnlich steilen Höhenflug hingelegt wie Apache 207. Der Rapper brach mit seinen Songs, allen voran „Roller“, zahlreiche Streamingrekorde und begründete ein völlig neues Genre urbaner Musik. Doch wie erlebte der „Under 30“-Listmaker seinen Aufstieg? Und wie will er den astronomischen Erfolg fortsetzen?
Es ist ein unscheinbarer Eingang zu einem unscheinbaren Haus in Mannheim. Apache 207 kommt, begleitet von seinem Bruder Hakan und seinem besten Freund aus Schulzeiten, Johannes Götz, zum Shooting. Zwei Meter groß und stets Sonnenbrille tragend ist der Musiker eine echte Erscheinung. Das Trio ist verspätet; statt aber davon auszugehen, dass andere auf ein Treffen mit ihm durchaus warten können – wie man es einem erfolgreichen Rapper unterstellen könnte – kommt Volkan Yaman, so der bürgerliche Name des Künstlers, ins Fotostudio, um sich nach einer Begrüßung erst mal ausgiebig für die Verspätung zu entschuldigen.
Der 25-Jährige wirkt selbstbewusst, aber nicht überheblich. Wer die Karriere von Apache in den letzten Jahren verfolgt hat, könnte durchaus anderes erwarten: Apache 207 ist der wohl größte Aufsteiger der letzten Jahre – nicht nur im Deutschrap, sondern generell in der deutschsprachigen Musik. Die Geschichte ist fast zu kitschig, um wahr zu sein: Aufgewachsen in einfachsten Verhältnissen mit seinem Bruder und einer alleinerziehenden Mutter in Ludwigshafen am Rhein fing Apache nach dem Abitur 2018 an, sich auf seine Musik zu konzentrieren. Sein Stil war schwer einzuordnen, völlig neu und genreübergreifend – und traf den Nerv der Zeit.
Erste Aufmerksamkeit erlangte er mit seinem Song „Kleine Hure“, auch „Kein Problem“ und „Brot nach Hause“ waren Erfolge. 2019 gelang ihm dann aber mit dem Song „Roller“ ein Durchbruch, der seinesgleichen sucht: Das Lied hat auf Spotify über 330 Millionen Streams (alle Zahlen zu Redaktionsschluss) und ist damit auf der Liste der am häufigsten gestreamten deutschsprachigen Lieder auf Platz zwei – hinter dem 1997 erschienenen Lied „Du hast“ von Rammstein. Auf Youtube kommen weitere 154 Millionen Streams dazu. „Roller“ erhielt zweimal in Folge (2019 und 2020) den Titel „Erfolgreichstes Werk“ beim Deutschen Musikautorenpreis der GEMA. Die 2020 geplante und später verschobene Debüt-Tour von Apache war in nur 17 Minuten ausverkauft. Bis heute erhielt der Künstler 27 Mal Gold, acht Mal Platin und einmal Diamant (200.000, 400.000 bzw. eine Million verkaufte Einheiten für Singles, wobei 200 Streams als ein Verkauf gelten). Und die Architekten dieses Erfolgs? Keine langjährigen Branchenveteranen, sondern seine ständigen Begleiter – auch am heutigen Tag: sein Bruder Hakan und sein bester Freund Johannes Götz.
„Ich fange jetzt erst langsam an, zu akzeptieren, was in den letzten Jahren alles passiert ist. Das war lange Zeit schwierig“, so Apache im exklusiven Forbes-Interview. Es ist das erste Mal, dass der Musiker so ausführlich mit einem Magazin spricht. Überhaupt gab Apache bis zu einer Amazon-Prime-Doku in diesem Jahr überhaupt kein Interview; erst jetzt fängt er an, überhaupt mit Medien zu sprechen. Seinen Erfolg will Apache aber nicht an Zahlen messen, sondern daran, dass er am Boden der Tatsachen geblieben ist. „Es hat sich, um ehrlich zu sein, nicht wahnsinnig viel verändert“, sagt er später auf einer Autofahrt durch seine Geburtsstadt Mannheim. „Ich hänge immer noch mit den gleichen Leuten am Wochenende an der Tanke ab. Natürlich sind unsere Autos ein bisschen schöner geworden, klar. Aber sonst?“
Nach dem Shooting geht es ins Büro von Feder Musik, dem unternehmerischen Vehikel für Apaches Erfolg. Die Räumlichkeiten sind frisch bezogen; es wirkt, als wäre die letzten Monate und Jahre alles, was nicht unmittelbar sofort erledigt werden musste, aufgeschoben worden. Nachdem der Wahnsinn der letzten Jahre nun aber ein wenig abklingt, bleibt Zeit für Aufbauarbeit – und die nehmen Hakan Yaman und Johannes Götz ernst.
Denn weder soll Apache ein One-Hit-Wonder sein, noch Feder Musik (seit 2022 auch die Labelheimat von Apache 207) ein One Trick Pony. „Wir sind gerade dabei, das Label aufzubauen und auch für andere Künstler Managementleistungen anzubieten“, so Hakan Yaman. Mitten in den Räumlichkeiten steht ein Aufnahmestudio, das nicht ganz fertig eingerichtet, aber schon funktionell ist. Kein Hall ist zu hören, wenn man den Raum betritt, kein Geräusch dringt nach innen oder außen. Direkt gegenüber dem Studio liegen die Büros von Götz und Yaman. Beide waren angehende Juristen, Yaman schloss den Studiengang zum Unternehmensjuristen sogar ab, bevor sie sich Vollzeit um das Management von Apache kümmerten. Yaman ist für interne Themen, etwa Personal, Finanzen und Recht, zuständig; Götz verantwortet hingegen die externe Kommunikation und Partnerschaften. Hinsichtlich der Strategie arbeiten die beiden jedoch eng zusammen – und in Abstimmung mit Apache, wie sie betonen. Feder Musik steht zu 100 % im Eigentum der Feder Holding GmbH, deren Gesellschaftsanteile, neben Götz und Yaman zu gleichen Anteilen, mehrheitlich bei Apache liegen.
Zehn Mitarbeiter arbeiten heute bei Feder Musik. „Die Struktur für zukünftiges Wachstum steht“, so Yaman. „Neben klassischen Label- oder Managementtätigkeiten lassen wir Merchandise herstellen, können im Tonstudio Musik produzieren, Live-Proben machen; wir bieten Musikvideos an und haben ein Netzwerk für Werbedeals, Texter, Topliner und natürlich alle großen Major-Plattenfirmen. Die Infrastruktur ist jung, aber sie ist da.“ Götz ergänzt: „Wir verstehen uns als Unternehmen, das in alle Verwertungsbereiche geht. Das One-Stop-Shop-Prinzip ist ein bisschen inflationär geworden – unsere Abgrenzung ist, dass wir nicht nur sehr exklusiv arbeiten, sondern auch sehr tief in die Prozesse gehen, um die Vision des Artists bestmöglich umsetzen zu können – egal ob bei Musikvideos, Artwork oder Sonstigem.“
Zwar hatten die beiden, wie auch Apache, keine Erfahrung in der Branche, doch in drei Jahren Höhenflug erlebt man eben doch auch einiges. Apache: „Die beiden sind nicht nur enge Vertraute, sondern auch sehr gute Manager.“ Dabei hat die Nähe natürlich nicht nur Vorteile: „Wir stoßen hier jeden Tag an unsere Grenzen, streiten uns ständig. Man darf den Erfolg nicht falsch verstehen – hier ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen“, so der Rapper.
Die Möglichkeit, diese Struktur überhaupt aufzubauen, basiert aber natürlich auf dem Erfolg des großen Zugpferds von Feder Musik – Apache. Der Erfolg lässt sich auch an den Zahlen ablesen. Eine Schätzung ist anhand von branchenüblichen Metriken möglich, und gar nicht mal so ungenau: Alleine die Streamingzahlen für „Roller“ haben wohl rund 1,3 Mio. € eingebracht. Gemessen an den gesamten Streams, die Apache auf verschiedenen Plattformen (insbesondere Spotify und Youtube) erzielt hat, liegt der Gesamtumsatz aus dem Streaming-Geschäft bei fast 8,4 Mio. €. Ob diese Zahlen stimmen und wie die geschätzten Einnahmen unter allen Beteiligten aufgeteilt werden, wollte Feder Musik auf Nachfrage nicht kommentieren.
Wie hoch die restlichen Umsätze sind, lässt sich ebenfalls schätzen. Während seiner Tour im Jahr 2022, die 14 Stopps hatte, trat Apache im Schnitt vor rund 11.500 Zusehern auf. Setzt man einen (geschätzten) Durchschnittspreis von rund 40 € für das Ticket an und zieht die Gebühren ab (womit man bei rund 37 € landet), hat die Tour, die restlos ausverkauft war, somit einen Bruttoumsatz von rund 6 Mio. € eingebracht. Lizenzeinnahmen – also alles, was abseits der Streamingdienste Spotify und Youtube mit der Musik verdient wird – liegen schätzungsweise bei weiteren rund 2,5 Mio. € (das inkludiert auch Zahlungen der Verwertungsgesellschaft GEMA). Bei Merchandise agierte Apache eher zurückhaltend, durch die Tour könnten aber dennoch rund 500.000 € umgesetzt worden sein. Eine ungefähre Schätzung zu Werbekooperationen liegt bei rund 1,5 Mio. €.
Insgesamt läge der gesamte bisher erzielte Umsatz somit bei rund 19 Mio. €. Davon sind 2022 schätzungsweise rund zwölf Mio. € angefallen. In jedem Fall ist das ziemlich viel Geld für einen jungen Menschen, der in einer kleinen Wohnung in Ludwigshafen am Rhein aufwuchs. Nicht umsonst rappt Apache in seinem Song „Fame“: „Mama, schau her, dein Sohn hat es endlich geschafft, du wurdest eine Millionärin über Nacht.“
Volkan Yaman wird 1997 als jüngerer Sohn einer alleinerziehenden Mutter in Mannheim geboren. Die Familie zieht früh in die Nachbarstadt Ludwigshafen am Rhein, wo Apache in der Gartenstadt aufwuchs. „Wenn es so etwas wie ein Ghetto gibt, dann ist es das hier“, sagt er in der Amazon-Doku „Apache bleibt gleich“ zu seinem Heimatviertel. Die Mutter prägt ihre Söhne bis heute. „Meine Mutter war immer ein Vorbild, nicht zuletzt darin, aus wenigen Ressourcen das Maximum herauszuholen“, so Apache.
Auch seinen Künstlernamen hat er von seiner Mutter, die ihn als Kind stets so nannte. Was die Zahlenkombination 207 bedeutet, verrät der Rapper jedoch nicht – das sei ein Geheimnis zwischen seinem Bruder und ihm. Apache spielt in seiner Jugend Fußball und kommt verhältnismäßig gut durch die Schule. Die Schulbank drückt er mit seinem heutigen Manager Johannes Götz. Im Keller des Wohnhauses, in dem er aufwächst, schneiden sein Bruder und er in Jugendjahren Haare, um Geld zu verdienen.
Nach dem Abitur studiert Apache zwei Semester lang Rechtswissenschaften. „Mein Interesse lag eher auf dem Gebiet der Rechtsphilosophie“, so der Rapper. Ab 2018 widmet er sich vollends der Musik. Die ersten Musikvideos entstehen in Eigenregie, der Sound ist aber bereits damals einzigartig. 2019 schloss der Künstler sich dem Label Two Sides an, das unter anderem vom Rapperkollegen Bausa gegründet wurde. Es folgen einige Hits, bevor mit „Roller“ der Durchbruch gelingt. Seine Debüt-EP „Platte“ ist ebenfalls sehr erfolgreich, wird sowohl in Deutschland als auch der Schweiz mit Platin ausgezeichnet.
Warum der Song und Apache überhaupt so durch die Decke gingen und gehen? Ein einprägsamer Look, vor allem aber auch ein ganz neues Musikgenre sind sicher Teil der Erklärung. Apaches Stil liegt irgendwo zwischen Rap, Soul, Nineties-Musik und Eurodance. Er selbst zählt sich jedenfalls „eindeutig zur urbanen Musik“, wie er sagt. Ob das für ihn auch die Bezeichnung „Rapper“ umfasst, lässt er offen. In der Rapszene selbst ist umstritten, ob Apache als Rapper zu bezeichnen ist. Er selbst interessiert sich für diese Diskussionen aber nicht sonderlich. „Manche Dinge waren nie geplant, ich habe damals einfach gemacht, was ich gefühlt habe. Realness hat nicht immer etwas mit Underground oder Kriminalität zu tun, sondern damit, sich so auszudrücken, wie man wirklich ist.“
In jedem Fall hat das Team rund um Apache sich früh entschieden, gewisse Dinge nicht zu tun oder zu kommentieren. „Wir haben nie versucht, Hype mit noch mehr Hype zu befeuern. Wir feiern auch unsere eigenen Erfolge nicht öffentlich. Wir wissen einfach, dass es im Leben eines Künstlers immer Aufs und Abs gibt und wir wollen darauf achten, dass wir langfristig erfolgreich sind“, so der Künstler.
Gleichzeitig achtet das Team rund um Apache darauf, die eigene Marke nicht zu „verheizen“. Werbepartnerschaften würden zwar abgeschlossen, so Götz, aber eher selektiv und diskret. Während Rapkollegen großen Erfolg damit haben, ihr Konterfei auf Produkten wie Pizza, Wodka oder Eistee in Supermärkten zu haben, macht Apache andere Dinge, etwa einen Weißwein unter seinem eigenen Namen. „Ich finde es bemerkenswert, wie andere das machen und wie erfolgreich sie damit (also mit „Massenprodukten“, Anm.) sind. Ich persönlich sehe mich derzeit nicht dort, wobei ich es für die Zukunft nicht kategorisch ausschließe“, so Apache.
Die große Frage, die sich angesichts einer solchen Erfolgsgeschichte naturgemäß stellt, lautet: Was kommt als Nächstes? Wohin kann die Reise noch gehen? Wenn ein Künstler seine Tournee innerhalb von Minuten ausverkauft und zwei Jahre in Folge den erfolgreichsten deutschen Song hat, wie lässt sich das noch toppen? Apache ist sich bewusst, dass der Hype nicht ewig bleiben wird. „Von außen betrachtet – und wenn ich mich selbst nicht kennen würde – würde ich sagen: Der hat das Größte schon hinter sich. Doch es gibt einige Künstler, die sich sehr lange auf einem bestimmten Niveau halten konnten“, so der 25-Jährige.
Auf die Frage, wie viel Druck er bekommt, etwa seitens des Vertriebspartners Sony, sagt Apache: „Der Druck kommt nicht von Sony, sondern ist einfach da, ist nicht messbar und schwankt von Tag zu Tag. In einer so schnelllebigen Zeit macht man nicht mal eben einfach zwei Jahre Pause. Gott sei Dank bin ich aber noch nie ins Studio gegangen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich ‚jetzt muss‘.“ Auf die Musik angewiesen zu sein, um Geld zu verdienen, ist aber etwas, das Apache in Zukunft womöglich hinter sich lassen will. „Ich will irgendwann meinen Lebensunterhalt unabhängig von der Musik bestreiten und so komplett frei werden. So hätte man in der Musik noch einmal eine andere Leichtfüßigkeit. Das ist vielleicht mein wichtigstes Ziel.“ Auch eine Rückkehr an die Universität ist nicht ausgeschlossen: „Ich halte mir offen, das Studium wieder aufzunehmen – ohne den Druck, Geld verdienen zu müssen.“
Ist es also sein Ziel, wie etwa Udo Lindenberg, Rammstein oder auch Rapkollege Sido – den Apache in seiner Kindheit selbst hörte und mit dem er einen Feature-Song produziert hat – jahre- und jahrzehntelang musikalisch relevant zu bleiben? „Ich glaube, die Kunst ist, sich darüber keine großen Gedanken zu machen. Aber klar: Eine schöne, lange, glückliche Karriere, das wäre schon cool.“
Apache 207 wurde als Volkan Yaman in Mannheim geboren. Er wuchs in Ludwigshafen am Rhein auf und studierte nach dem Abitur Jura. 2018 brach er das Studium ab, um sich seiner Musik zu widmen. 2019 gelang ihm mit dem Song „Roller“ der endgültige Durchbruch.
Text: Klaus Fiala und Naila Baldwin
Fotos: Peter Rigaud