Aus der Zweizimmerwohnung in die Welt

Copa-Data ist eines von jenen österreichischen Unternehmen, die niemand kennt – die aber einige der größten Firmen der Welt beliefern. Gegründet hat es Thomas Punzenberger in den späten 1980ern, groß gemacht hat er es gemeinsam mit seinem Bruder Alexander. Heute bereitet Thomas Punzenberger seine Kinder darauf vor, sein Erbe eines Tages weiterzuführen.

Thomas Punzenberger ist ein Computer-Nerd aus einer Zeit, in der Computer-Nerds noch selten waren. 1987 gründete er das Unternehmen Copa-Data mit Sitz in Salzburg, nachdem er rund fünfeinhalb Jahre bei Siemens und BMW ge­arbeitet hatte, und entwickelte eine Software, deren heutige Version von Tausenden Unternehmen verwendet wird. Copa-Data ist mittlerweile ein Stück größer als die Zwei-Mann-Firma, die sie in den ersten Jahren war: Punzenberger hat weltweit 450 Mitarbeiter in 29 Büros. Unter der Ing. Punzenberger Copa-Data GmbH stehen 14 Tochtergesellschaften (die jüngste davon in Japan), die die Software verkaufen, implementieren und auf spezielle Kundenbedürfnisse zuschneiden. Außerdem verkaufen auch 15 Distributoren die Software von Copa-Data. Alleine 2024 wurden rund 30.000 Lizenzen verkauft, über 300.000 Installationen sind weltweit im Einsatz.

Zenon, so heißt die Software, erlaubt es Unternehmen, Maschinendaten zu erfassen und aufzubereiten, um Produktionsprozesse zu steuern, zu überwachen und zu verbessern. Außerdem ermöglicht das Tool, Daten aus verschiedenen Quellen zu vergleichen. „Zenon nimmt Daten aus unterschiedlichen Systemen und errechnet dieselben Kennzahlen für jeden Standort. So kann ich Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen vergleichen. Ansonsten werden solche Kennzahlen von jedem Standort ein wenig anders errechnet – und dann kann ich sie nicht mehr vergleichen“, erklärt Punzenberger. Vor allem in der Energiewirtschaft, der Pharmaindustrie, der Automobil­branche und im Food-and-Beverage-Bereich (F&B) kommt Zenon zum Einsatz. Sein Konzern machte 2024 99 Mio. € Umsatz, sagt Punzen­berger (einen offiziellen Jahresbericht gab es zu Redaktionsschluss noch nicht); allein die österreichische Gesellschaft erwirtschaftete 2024 ein Betriebsergebnis von rund zehn Mio. €.

Gestartet hat Punzenberger in einer Zwei­zimmerwohnung in Salzburg. „Ich war damals bei einem großen deutschen Automobilisten ­(gemeint ist BMW, Anm.) im Forschungs- und Entwicklungsbereich und hatte immer wieder Automatisierungsaufgaben. Es ging darum, diese Automatisierungsaufgaben besser konfigurierbar zu machen, um nicht immer alles von null weg programmieren zu müssen“, erinnert sich der Gründer. Die Aufgabe gab Punzenberger die Idee für Zenon: Auch Menschen, die nicht (gut) ­programmieren können, sollten diese Automa­tisierungsprozesse verändern und verbessern können.

Die Bereiche, in denen wir wachsen, das sind ganz klar Energie und Pharma.

Thomas Punzenberger

Ein Jahr nach der Gründung kam Punzenbergers Bruder, Alexander Punzenberger, ins Unternehmen. Er übernahm den Vertrieb und das Marketing und war auch dafür verantwortlich, neue Märkte aufzubauen. Heute ist der Vertriebler President von Copa-Data ME/CEE und verantwortet somit auch das Geschäft in Österreich.

Thomas Punzenberger war weiterhin für die Entwicklung von Zenon zuständig. Vier Jahre dauerte es, bis Zenon 1 marktfähig war. In der Zwischenzeit finanzierte Punzenberger sein ­Unternehmen (und sein Privatleben) mit Dienstleistungsjobs. „Ich habe 40 Stunden extern gearbeitet und 40 Stunden – oder 60 Stunden – für die eigene Software“, erinnert er sich. Die erste Zenon-Version war nicht auf eine bestimmte Branche zugeschnitten: „Das war ein sehr all­gemeines Tool“, so der Programmierer.

Durch den Gewinn großer Kunden – die ­ersten Kunden waren aus dem Maschinenbau, der Stahlindustrie und der Energiewirtschaft – konnten die Brüder ein internationales Vertriebsnetzwerk aufbauen. „Wir haben ganz zu Beginn schon zwei sehr große Maschinenbauer als Kunden gewonnen, und die sind natürlich international tätig. Und dann kamen die Fragen: ‚Könnt ihr uns hier supporten? Könnt ihr uns dort supporten?‘“ Um diese Frage zu beantworten, begann Copa-Data, ein Netzwerk aus Distributoren aufzubauen, die in verschiedenen Regionen die Software verkaufen, implementieren – und eben supporten. „Wenn ich auf der ­einen Seite Distributoren und ein wachsendes Vertriebsnetz habe, brauche ich auf der anderen Seite (interne, Anm.) Leute, die diese Partner unterstützen“, beschreibt Punzenberger das frühe Wachstum. „Also baut man Personal auf; dann verkauft man wieder mehr. Und so sind wir in diese Aufwärtsspirale gekommen.“

Ob er damals schon vermutete, dass Copa-Data je zu dem Konzern werden würde, der er heute ist? „Na ja, das Ganze …“, setzt Punzen­berger nach kurzem Zögern an, bevor er abbricht: „Nein, ich habe das nicht kommen sehen. So etwas kann man schwer planen.“

Bald belieferte Copa-Data vor allem Maschinenbauer und Unternehmer aus der Energiewirtschaft – auf den ersten Blick Bereiche, so Punzenberger, deren Prozesse sehr verschieden ablaufen. „Die Anforderungsprofile waren sehr unterschiedlich, was dem Produkt aber gutgetan hat. Es hat eine große Flexibilität reingebracht“, sagt er. Heute sei das eine von Zenons Stärken: Der Kern der Software ist allgemein gehalten, gleichzeitig kann das Produkt für viele Use Cases angepasst werden. In Punzenbergers Worten: „Wenn man das schafft – ein abstraktes Produkt zu bauen und die Funktionalität dann zu spezialisieren –, dann schafft das eine sehr robuste und flexible Basisfunktionalität.“

Daher gibt es auch viele verschiedene Use Cases für Zenon. „Ich habe eine grafische Benutzeroberfläche, über die ich den Prozess beobachten und steuern kann. Das ist einmal die Grundfunktionalität“, erklärt der Salzburger und führt ein vereinfachtes Beispiel aus der Pharmaindustrie an: Möchte ein Unternehmen etwa einen Wirkstoff herstellen, werden zuerst Rohstoffe ­dosiert, danach für eine bestimmte Zeit gemischt und dann womöglich noch erhitzt, bevor sie mit anderen Wirkstoffen kombiniert werden. „Dieses ganze Rezept kann bei uns in Form von Software abgebildet und gesteuert werden.“ Sollte ­etwas schieflaufen, wird der Nutzer automatisch benachrichtigt. Die grafische Darstellung macht es außerdem leichter, ineffiziente Arbeitsschritte zu erkennen und zu optimieren.

Copa-Data bedient ein breites Spektrum an Unternehmen; Kunden aus der Energiewirtschaft machen laut Punzenberger grob 30 % des Umsatzes aus, 60 % teilen sich mehr oder weniger gleichmäßig auf die Bereiche Pharma, F&B und Automobilindustrie auf. Die restlichen 10 % kommen laut dem Gründer aus anderen Bereichen wie der Gebäudeautomatisierung (etwa die Automatisierung von Prozessen in Fabriken oder Stadien) oder Automatisierungsprojekten in anderen Branchen. Zu den Kunden gehören Saudi Aramco, die größte Erdölfördergesellschaft der Welt, die belgische Brauereigruppe Anheuser-Busch Inbev, das Schweizer Unternehmen SIG, das einer der wichtigsten Akteure der Verpackungsindustrie ist, oder die deutschen Autobauer Volkswagen, Audi und BMW.

Die Krise in der deutschen Automobil­industrie spürt auch Punzenberger, wie er sagt – ­jedoch nicht so stark wie die Autobauer selbst. „Der Bereich ist nicht so dynamisch und inves­titionsfreundlich wie vor zehn oder acht Jahren“, so der Unternehmer. Zenon könne zwar für ein Batteriewerk genauso optimiert werden wie für eine klassische Anlage zur Fertigung von Automobilkomponenten, aber, so Punzenberger: „Die Bereiche, in denen wir wachsen – das sind ganz klar Energie und Pharma.“

Was es bei Copa-Data nicht gibt, sind Investoren. Punzenberger verzichtet bis heute bewusst auf mögliche Anteilseigner und hat das Unternehmen zum Großteil aus dem eigenen Cashflow aufgebaut. Zwar soll es Förderungen gegeben haben, etwa von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, aber der Unternehmer sagt: „Es gab nie große Kredite, die die ganze Entwicklung ­finanziert hätten.“ Zu viel Wert legte Punzen­berger auf seine Unabhängigkeit, die externe Anteilseigner womöglich eingeschränkt hätten. „Ich habe auch bei anderen Unternehmen gesehen, dass die zwei bis drei Jahre, die man von Investoren klassischerweise bekommt, um ein Produkt erfolgreich zu machen, nicht ausreichen – auch wenn man an die Idee (des Produkts, Anm.) glaubt.“ Punzenberger weist darauf hin, dass es bei Zenon schließlich auch länger gedauert hat – und dass Copa-Data seitdem einige Tools ent­wickelt hat, aus denen nichts wurde.

Diese Freiheit erlaubt es dem Gründer nun auch, seine eigenen Kinder auf die Übernahme des Unternehmens vorzubereiten. Seine Söhne Lukas (32 Jahre alt) und Felix Punzenberger (27) arbeiten bereits im Unternehmen: Lukas Punzenberger treibt als Director Product Management die Entwicklung von Zenon voran, sein jüngerer Bruder ist Team Lead Professional Services and Templates und passt in dieser Rolle die Software an spezifische Kundenbedürfnisse an.

Bis vor Kurzem stand die Ing. Punzen­berger Copa-Data GmbH (die Muttergesellschaft) zu 100 % im Besitz von Thomas Punzenberger. Letztes Jahr wanderte sie in den Besitz der Sakulix Familienstiftung in Liechtenstein, der Sitz der Ing. Punzenberger Copa-Data GmbH bleibt aber in Salzburg. Im Stiftungsbeirat sitzen Thomas Punzenberger, seine Söhne und seine Tochter ­Sarah; Sarah Punzenberger möchte nicht im Unternehmen arbeiten, so ihr Vater.

Dass Punzenberger auch selbst noch gerne an Zenon arbeiten würde, ist während des Gesprächs spürbar. Über die unternehmerischen Themen spricht er nicht ungern, aber es sind die Fragen zum Produkt, bei denen er aufblüht. Ob er also nach wie vor in die Entwicklung seiner Software involviert ist? „Ich darf leider nicht mehr coden. Das letzte Mal ist drei, vier Jahre her!“, sagt Punzenberger und lacht.

Thomas Punzenberger arbeitete bei Siemens und BMW, bevor er 1987 Copa-Data gründete und die Software Zenon entwickelte. Gemeinsam mit seinem Bruder Alexander Punzenberger, der heute President von Copa-Data ME/CEE und somit auch für das Geschäft
in Österreich verantwortlich ist, baute Thomas Punzenberger sein Unternehmen auf. Heute zählt Copa-Data Firmen aus aller Welt zu seinen Kunden. Der Konzern gehört über die Sakulix Familienstiftung Thomas Punzenberger und seinen drei Kindern.

Fotos: Florian Mitterer, Michael Schartner, Copa-Data

Erik Fleischmann,
Redakteur

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