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Gesundheitliche Angelegenheiten erledigen wir zumeist physisch, doch die vorhandene Technologie, gepaart mit der Coronavirus-Pandemie, lässt nun die Telemedizin aufblühen. Auch UNIQA bietet ihren Kunden seit März 2020 ein entsprechendes Angebot.
Die Coronavirus-Pandemie führte zu geschlossenen Restaurants, Museen, Theatern, Büros – zum Arzt müssen die Menschen aber auch während eines Lockdowns gehen, und so hatten Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte weiterhin jede Menge Arbeit. Doch angesichts einer hochansteckenden Viruserkrankung stellten sich Patienten vermehrt die Frage, ob Rückenschmerzen oder Migräne tatsächlich Grund genug sind, sich physisch in eine Arztpraxis zu begeben.
Kein Wunder, dass 2020 zu einem regelrechten Boom in Sachen Telemedizin geführt hat. Darunter versteht man den Einsatz von Technologie, um die Gesundheitsbetreuung zu verbessern – telefonische Konsultationen oder Smartphone-Apps statt Arztbesuche. Neben Start-ups entdeckten auch Großkonzerne das Thema in der Pandemie neu: Der Versicherungskonzern UNIQA setzt etwa in Kooperation mit eedoctors, der virtuellen Gruppenarztpraxis mit Sitz in der Schweiz, auf ein innovatives Angebot in diesem Bereich.
Doch was ist Telemedizin konkret? Welches Potenzial weist der Bereich auf? Und wie ist das mit dem Datenschutz? Wir haben Peter Eichler, Vorstandsmitglied des Versicherungskonzerns und verantwortlich für Personenversicherung, sowie eedoctors-Gründer Andrea Braga dazu befragt.
Herr Eichler, wie definiert UNIQA den Begriff „Telemedizin“? Wie hat sich die Begriffsdefinition durch die Coronakrise verändert?
PE: Im weiteren Sinn versteht man unter Telemedizin die Gesamtheit aller IT-gestützten Anwendungen im Gesundheitsbereich. Dazu zählen alle Strukturen und Dienstleistungen, bei denen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien zum Einsatz kommen. Diese Technologien dienen zur verbesserten, effizienteren Gesundheitsversorgung, die einen Mehrwert für Patient und Arzt bringen. Telemedizin ist für uns ein unterstützendes Tool, nie ein Ersatz.
Bei UNIQA betrifft dies derzeit primär die Telekonsultation, also die medizinische Beratung per Videotelefonie durch einen Arzt. Darüber hinaus erleichtert UNIQA den Ärzten im LARA-Partnernetzwerk – ein österreichweites Netzwerk an Gesundheitsdienstleistern, die mit UNIQA zusammenarbeiten – den Zugang zu technischen Voraussetzungen, um telemedizinische Konsultationen anbieten zu können: von der Online-Terminbuchung über die Videokonsultation und die Ausstellung von Dokumenten wie Rezepten oder Arztbriefen bis hin zur Verrechnung mit UNIQA. All das soll in Zukunft über entsprechende Schnittstellen zu ausgewählten Anbietern von Ordinationssoftware einfacher abgewickelt werden.
„Telemedizin ist für uns ein unter stützendes Tool, nie ein Ersatz.“
Peter Eichler, Vorstandsmitglied UNIQA
War Telemedizin schon vor der aktuellen Pandemie ein Thema?
PE: Erste Pilotversuche haben wir bereits Anfang der 2000er-Jahre unternommen, als wir den Blutdruck einer kleinen Gruppe von freiwilligen Hypertoniepatienten über unser Medizinisches Kompetenzzentrum gemonitort haben. Da waren wir allerdings noch viel zu früh dran – weder die Technologie noch die Rahmenbedingungen waren darauf ausgerichtet. 2018 gab es dann erneute Versuche im Rahmen der digitalen Arzt-Patienten-Kommunikation; in den vergangenen Monaten erhielt Telemedizin durch die Covid-19-Krise starken Auftrieb.
Vieles wurde quasi über Nacht möglich und mittlerweile gibt es – auch in Österreich – einige Anbieter am Markt. Die Kooperation mit eedoctors war allerdings bereits vor dem Ausbruch von Covid-19 in Planung. Nur so war es uns möglich, bereits zu Beginn des ersten Lockdowns in Österreich im März 2020 telemedizinische Konsultationen für unsere Kunden anzubieten. Auch bei der Entwicklung unseres LARA-Partnernetzwerks und bei den ersten Ideen vor etwa drei Jahren wurden telemedizinische Anwendungen von Anfang an mitgedacht und werden bald im Einsatz sein.
Herr Braga, wie hat sich Ihr Geschäft durch Corona verändert?
AB: Viele regulatorische Barrieren sind gefallen. Die Telemedizin hat speziell in dieser Zeit an Akzeptanz und Vertrauen gewonnen und die Pandemie hat gezeigt, dass nicht jeder Arztbesuch physisch stattfinden muss. Wir verzeichnen seit Frühling 2020 einen immensen Anstieg bei den App-Downloads und Telekonsultationen.
„UNIQA erhält zu keinem Zeitpunkt Einblick in die Daten.“
Peter Eichler, Vorstandsmitglied UNIQA
Wie nehmen die Ärzte und Patienten die neuen Möglichkeiten an?
PE: Wir merken gerade in den vergangenen Monaten ein vermehrtes Interesse seitens der Ärzte, Telemedizin anzuwenden. Unsere Umfragen bei diversen Webseminaren, die wir im Rahmen des LARA-Partnernetzwerks anbieten, zeigen, dass Ärzte der Telemedizin hohes Potenzial zuschreiben.
Seitens der Kunden verhält es sich ähnlich – wie auch eine für Österreich repräsentative Studie von Spectra Marktforschung im Mai 2020 ergab. Demnach glauben 60 % der Befragten, dass telemedizinische Leistungen in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Unserer Erfahrung nach sind Kunden noch zaghaft und bevorzugen es, ihren „Hausarzt“ zu konsultieren. Erst, wenn es eine bestehende Arzt-Patienten-Beziehung gibt, sind Kunden respektive Patienten häufiger bereit, eine Telekonsultation durchzuführen.
Wo ergibt Telemedizin Sinn, wo sind die Grenzen?
AB: Telemedizin macht überall Sinn, wo es keine direkte physische Intervention braucht. Das ist bei einem großen Teil der Allgemeinmedizin der Fall. 92 % aller Fälle bei eedoctors werden abschließend behandelt (es braucht also keinen physischen Besuch beim Arzt, Anm.).
Da reden wir natürlich nicht von einer komplexen Fraktur oder von einem chirurgischen Problem; wir sprechen von der Grundversorgung und davon, was die meisten Patienten zum Hausarzt führt: Verkühlungssymptome oder Fragen nach Medikamenten – oder im Sommer Dinge wie Erbrechen, Durchfall und Insektenstiche.
Wie gewährleistet man Datenschutz bei Telemedizin?
PE: UNIQA arbeitet mit sorgfältig ausgewählten Partnern zusammen, erhält aber zu keinem Zeitpunkt Einblick in deren Systeme und Daten – diese Trennung ist uns besonders wichtig. Unsere Partner nehmen ihre Verantwortung, sichere IT-Infrastrukturen zu gewährleisten, sehr ernst.
AB: Die Daten werden bei eedoctors in Rechenzentren mit sehr hohen Sicherheitsstandards gespeichert, welche zusätzlich über entsprechende Zertifizierungen für den gesicherten Umgang mit Gesundheitsdaten verfügen. Zusätzlich erfolgt die Kommunikation zwischen den verschiedenen Systemen verschlüsselt.
UNIQA bietet bis Ende März 2021 in Kooperation mit eedoctors allen Kunden eine kostenfreie medizinische Beratung per Videotelefonie.
Text: Forbes Redaktion
Fotos: UNIQA/Keinrath, Andrea Braga
Diese Advoice erschien in unserer Forbes Daily "Wiener Wirtschaft".