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Ein Brand, ein Krieg und wenig Schnee – die letzten Jahre waren mit Sicherheit keine einfachen für Fischer Sports und dessen CEO Franz Föttinger. Doch Aufgeben ist für das weltweit bekannte Familienunternehmen keine Option, stattdessen blickt man optimistisch nach vorne und hält an den Erfolgsgeheimnissen der Vergangenheit fest. Eine Geschichte über Familie, Kampfgeist, Innovation, 100 Jahre Fischer-Ski – und ganz viel Leidenschaft für den Wintersport.
Die Sonne geht langsam hinter den Werkhallen von Fischer Sports unter, als wir eines kühlen Nachmittags in Ried im Innkreis ankommen. Rund ein Jahrhundert ist es her, dass der Namensgeber Josef Fischer hier aus seinem privaten Holzschuppen heraus sein eigenes Unternehmen gegründet hat. Zuerst wurden ausschließlich Rodeln und Leiterwagen hergestellt, erst etwas später fing Josef Fischer an, Ski zu bauen. Heute sieht man im Headquarter von Fischer Sports fast ausschließlich Ski – auch, wenn das Unternehmen mittlerweile viele weitere Artikel herstellt, zieren hier meistens Ski die Wände. Man fühlt sich fast wie in einem privaten Ski-Museum über den österreichischen Volkssport, wenn man vom CEO höchstpersönlich durch die Räumlichkeiten geführt wird.
Der aus dem Salzkammergut stammende Franz Föttinger ist seit 2009 Geschäftsführer der Fischer Sports GmbH. Zum Unternehmen ist Föttinger über seine Leidenschaft Langlaufen gekommen: „Mein bester Freund und Sitznachbar hat sich in der Schulzeit für die Leistungsgruppe im Langlaufen angemeldet. Nach ein paar Wochen habe ich mir gedacht: Wenn er das kann, dann kann ich das auch!“, erzählt der Geschäftsführer schmunzelnd und fügt hinzu: „Wie es oft so ist, hat er irgendwann mit dem Langlaufen aufgehört und ich habe weitergemacht.“
Auch heute ist Föttinger noch in dem Sport aktiv, so absolvierte er kurz vor dem Interview mit Forbes DA den 90 Kilometer langen Wasalauf in Schweden. Zu Fischer kam Föttinger während seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre in Linz. „Ich bin mittlerweile schon sehr lange bei der Firma, quasi ein Fischer-Urgestein“, erzählt der CEO. Föttinger fing damals an, am Wochenende Skitests für Fischer zu machen, bevor er in der Promotion für Langlaufski arbeitete und dann auch später die nordische Division leitete. Seit 14 Jahren ist er nun Geschäftsführer; das Langlaufen ist ihm neben dem Beruf stets geblieben. „Zwischen der alpinen und der nordischen Division gibt es im Haus immer einen gewissen Konkurrenzkampf, auch die handelnden Akteure sind vom Charakter her unterschiedlich. Die alpinen Typen sind meist schneller und etwas lauter, während die nordischen eher die ruhigen und stetigeren sind. Obwohl ich ursprünglich aus der nordischen Ecke komme, fließt natürlich auch ganz viel Herzblut in die Alpin-Abteilung“, so Föttinger.
Als einer der umsatzstärksten Skihersteller der Welt ist Fischer Sports der einzige, der immer noch ein österreichischer Familienbetrieb ist. Die Konkurrenz aus dem eigenen Land wurde inzwischen an ausländische Investoren verkauft; Atomic gehört mittlerweile zum chinesischen Anta-Sports-Konzern, Blizzard zur italienischen Tecnica-Gruppe. Fischer hingegen ist in Oberösterreich geblieben und immer noch in Familienhand.
Während hier in Ried rund 500 der 1500 Mitarbeiter beschäftigt sind, ist ein anderer großer Teil im Fischer-Sports-Werk in Mukatschewo in der Ukraine tätig. Heute werden an den Standorten in Ried und der Ukraine neben der Skiproduktion, die in Nordic (Langlaufen) und Alpine (Abfahrten, Slalom und Co) geteilt ist, auch Skischuhe, Skimode, Skistöcke und Eishockey-Equipment produziert.
Fischer ist einer der wenigen Hersteller, der seine Ski mit Holzkern baut. „Der Holzkern macht den Ski flexibel und gleichzeitig stabil, er ‚gibt dem Ski Leben‘, wie wir das nennen“, erklärt uns der CEO, während er einen Ski von der Wand holt. Charakteristisch ist das Loch im Ski – „das ist kein unnötiges Gadget, sondern verändert das Drehmoment der Skier“, erklärt Föttinger. So bemüht sich Fischer seit jeher um Innovation und die Weiterentwicklung der Ski. Gleichzeitig bleibt das Unternehmen seinen Ursprüngen treu und würde niemals unnötige Veränderungen am Sport-Equipment vornehmen, nur damit es „besser aussieht“.
Die Liebe für den Skisport strahlt aus Föttingers Gesicht, als er uns die aktuellen Nordic- und Alpine-Kollektionen zeigt: Ski zu bauen sei eine Wissenschaft, die bei Fischer gelebt werde. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum über die Jahre so viele Profisportler zu Fischer gegriffen haben, von der österreichischen Super-G-Weltmeisterin Nicole Schmidhofer bis hin zum dreifachen Gröden-Sieger Steven Nyman aus den USA.
„Fischer hat über die Jahre schon vieles probiert – vom Tennisschläger bis hin zum Wasserski. Die letzten Jahre, auch wenn sie nicht einfach waren, haben uns dann doch gezeigt, dass es durchaus Sinn macht, auch weiterhin einen hohen Fokus auf die Ski-Hartware zu haben“, so Geschäftsführer Föttinger. Anhand des Umsatzrückgangs von 188 auf 133 Mio. € im Geschäftsjahr 2021/22 kann man sehen, wovon Föttinger spricht. Doch jede Krise bietet auch Möglichkeiten; so war die traditionsgemäß kleine Abteilung der Nordic-Ski zu Zeiten von Corona fast umsatzgleich zur Alpine Division. „Unser Geschäft ist klarerweise saisonabhängig, aber anhand des Anstiegs im Langlaufgeschäft zu Zeiten von Corona erkennt man, dass häufig auch andere Faktoren eine Rolle spielen“, so Föttinger.
Neben den Problemen, die Corona für viele Industrien mit sich brachte, kam für Fischer im Oktober 2020 ein weiteres Unglück hinzu: Ein großer Teil des Fischer-Sports-Werks in der Ukraine brannte über Nacht ab. „Der Brand war selbstverständlich ein großer Schock für mich. Ich konnte es am Anfang gar nicht glauben, da meine Kollegen mich einige Zeit davor anlässlich meines Geburtstags reingelegt haben, als sie meinten, das Werk wäre abgebrannt“, erzählt Föttinger. In der Ukraine wurde 2020 der größte Teil der Alpine-, Hockey- und Nordic-Kollektion produziert, während in Ried hauptsächlich die teuren Rennprodukte und Profiski hergestellt wurden. Föttinger musste entsprechend schnell handeln und seine Produktion verschieben, damit es nicht zu gröberen Lieferschwierigkeiten kam.
Als das Werk nach zwei Jahren größtenteils wieder aufgebaut war, folgte der nächste Schock: Russland griff im Februar 2022 die Ukraine militärisch an. „Wir waren fast fertig mit den Reparaturen“, so Föttinger. Die Skiproduktion musste für zwei Monate unterbrochen werden, demnach gab es im vergangenen Winter natürlich große Auslieferungsschwierigkeiten, erzählt der CEO. Heute läuft die Produktion in der Ukraine trotz des Kriegs weiter. „Auch wenn es in Mukatschewo keine direkten Kriegsaktivitäten gibt, mache ich mir trotzdem Sorgen um meine Freunde und Kollegen in der Ukraine“, so Föttinger. Ungefähr 100 Mitarbeiter wurden mittlerweile in die Armee eingezogen; laut Föttinger könnte es noch mehr betreffen. Energieprobleme hatte das Fischer-Werk bis jetzt keine: „Die Verwaltung in der Ukraine ist sehr dahinter, dass wir immer gut mit Strom und Energie versorgt sind“, berichtet Föttinger.
In Zukunft wird Fischer trotz der Klimaerwärmung und des immer wieder auftretenden milden Winters beim Wintersport bleiben. „Wir haben im Hintergrund nicht das große Sommerprojekt am Laufen, welches Fischer mit einem Schlag von einer Wintersport- zu einer Sommersportmarke macht“, so Föttinger – obwohl Fischer Vergleichbares in der Vergangenheit schon öfter versucht hat: So gründete das Unternehmen 1989 etwa eine Tochtergesellschaft, die Flugzeugteile herstellte, die heutige FACC AG. 2008 verkaufte Fischer seine Anteile jedoch wieder.
„Wir sind keine Klimawandel-Leugner, aber wir konnten in der Vergangenheit beobachten, dass Schneefall unterschiedlich und unberechenbar ist. Bislang konnte fehlender Schnee in einigen Regionen durch ungewöhnlich viel Schnee in anderen Gebieten ausgeglichen werden“, so Föttinger. Mittlerweile beobachtet er, dass sich die Konkurrenten aufgrund des Klimawandels immer mehr auf andere Produkte wie Winter- oder Skimode konzentrieren, während Fischer bei der Skiherstellung bleibt. „Es wird in Zukunft bestimmt einen Konsolidierungsprozess am Markt geben. Da zuerst jene Marken verlieren, die den Fokus vom Skisegment nehmen, wird es dementsprechend mehr Platz für uns am Markt geben“, so der CEO mit einem zuversichtlichen Blick in die kommenden Jahre.
Franz Föttinger ist seit 14 Jahren CEO von Fischer Sports. In seiner Freizeit ist der Salzburger begeisterter Langläufer – so absolvierte er etwa schon viele Male den schwedischen Wasalauf.
Text: Lela Thun
Fotos: David Visnjic