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Aliko Dangote hat in Afrika etwas geschafft, was für viele als unmöglich galt: Er baute die größte Ölraffinerie des Kontinents und stellte damit das jahrzehntelange Monopol des nigerianischen Staates auf Ölraffination infrage. Nach 11 Jahren harter Arbeit, 23 Mrd. US-$ an Investitionen und zahlreichen Hürden ist die Dangote Refinery in Betrieb und setzt neue Maßstäbe. Was als ambitioniertes Projekt begann, ist inzwischen zur größten Raffinerie Afrikas und der siebtgrößten der Welt gewachsen.
Mit einer Produktionskapazität von 650.000 Barrel Rohöl pro Tag wird sie nicht nur die nigerianische Ölindustrie revolutionieren, sondern auch internationale Märkte beeinflussen. Bereits jetzt verarbeitet die Raffinerie 500.000 Barrel täglich, und die Zahlen steigen weiter. Was das für Nigeria bedeutet, zeigt sich an den drastisch gesunkenen Benzinimporten. Das Land, das bislang immer auf Importe angewiesen war, exportiert nun Kerosin, Naphtha und Heizöl – alles Produkte, die vorher aus Europa bezogen wurden.
Dank des Erfolgs seiner Raffinerie ist Dangote auch der finanziell größte Gewinner. Sein Vermögen stieg auf 23,8 Mrd. US-$ – fast doppelt so hoch wie noch im Jahr davor. Der 67-jährige Unternehmer gehört damit wieder zu den 100 reichsten Menschen weltweit. Doch Dangote sieht das Ganze weniger als reinen Geschäftserfolg, sondern vielmehr als Teil einer größeren Vision. Denn mit der Raffinerie verfolgt er ein weitreichenderes Ziel: den Industriestandard Afrikas zu verändern.
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„Wir müssen unsere eigene Wirtschaft aufbauen“, sagt Dangote. Und das bedeutet für ihn, Afrika von einem bloßen Abnehmer fertiger Produkte zu einem echten Produzenten zu machen. Denn jahrelang wurde der Kontinent von den großen westlichen Märkten und deren Fertigprodukten dominiert, die auf afrikanische Rohstoffe angewiesen waren. Dangote will nicht nur davon profitieren, sondern auch etwas zurückgeben und eine nachhaltige, industrielle Grundlage für den Kontinent schaffen.
Doch der Weg bis hierher war steinig. Besonders die nigerianische National Petroleum Corporation (NNPC), die das Monopol für Öl in Nigeria innehat, machte Dangote das Leben schwer. Die Raffinerie benötigte Rohöl in großen Mengen, doch die NNPC konnte die zugesagten Mengen nicht liefern – und das, obwohl Dangote mit der NNPC einen Vertrag abgeschlossen hatte, der eine tägliche Menge von 300.000 Barrel Rohöl vorsah. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, zog Dangote vor Gericht. „Es ist eine Öl-Mafia“, sagte er in einem Interview. „Da sind viele Leute involviert, und sie sind mächtiger als jede andere Organisation.“ Er kämpft gegen die Korruption im nigerianischen Energiesektor und fordert, dass das Land die Kontrolle über seine eigenen Ressourcen zurückgewinnt.
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Gleichzeitig sind auch die Nigerianer von der Raffinerie betroffen – und das nicht immer positiv. Die Einführung der Raffinerie hätte eigentlich zu niedrigeren Benzinpreisen führen sollen, doch im Gegenteil, seit ihrer Inbetriebnahme sind die Preise in Nigeria um 60 % gestiegen. Der Grund dafür: Die Regierung hat den Benzinsubventionen den Hahn abgedreht, um die Staatsfinanzen zu entlasten. Doch die hohe Inflation und die Abhängigkeit von Ölpreisen treiben die Preise in die Höhe. Proteste, besonders in den großen Städten wie Lagos, sind die Folge. Viele Nigerianer, die auf Generatoren angewiesen sind, haben mit den steigenden Energiekosten zu kämpfen.
Trotz dieser Herausforderungen hält Dangote an seiner Vision fest. Er weiß, dass Afrika mehr braucht als nur einfache Ölraffinerien – es braucht eine industrielle Revolution. Schon als Kind, als er mit Süßigkeiten handelte, zeigte sich sein Unternehmergeist. In den 1990er Jahren nutzte er die Gelegenheit, als die nigerianische Regierung begann, die heimische Industrie zu fördern. Er baute eine Zuckerraffinerie und eine Zementfabrik, was ihm immense Gewinne einbrachte. Heute besitzt er 86 % von Dangote Cement, und sein Zementimperium ist nach wie vor der größte Teil seines Vermögens.
Ich habe mein ganzes Leben lang gekämpft.
Dangote
Und ich habe noch keinen einzigen Kampf verloren.
Dangote
Für Dangote war die Entscheidung, eine eigene Raffinerie zu bauen, ein riesiges Risiko. Zunächst auf 10 Mrd. US-$ kalkuliert, stiegen die Kosten während der Bauphase auf 23 Mrd. US$, was das ursprüngliche Budget weit überstieg. Während der Bauarbeiten stieß er auf zahlreiche Hindernisse: Streitigkeiten mit lokalen Behörden, der Standortwechsel und unvorhergesehene Probleme mit dem Gelände, das teilweise verlandet war und erst aufwendig aufbereitet werden musste. Er musste einen Hafen bauen, die Infrastruktur anpassen und etliche Hürden überwinden. All das führte zu einer erheblichen Kostensteigerung, aber Dangote blieb standhaft.
Aktuell hat Dangote noch Schulden in Höhe von etwa 3 Mrd. US$. Doch trotz der finanziellen Belastung ist er zuversichtlich, dass sich das Projekt langfristig auszahlen wird. Inzwischen hat er auch die Währungsproblematik gemeistert, indem er seine Geschäfte weitgehend in US-Dollar abwickelt – so schützt er sich vor der enormen Abwertung der nigerianischen Naira. Die Aussichten für die Zukunft sind dennoch nicht ohne Herausforderungen. Dangote plant, die Raffinerie in den kommenden Jahren an die Börse zu bringen und seine Produktionskapazitäten noch weiter auszubauen.
Text: John Hyatt
Fotos: Wikimedia und Ant Rozetsky