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Schon als 14-Jährige engagierte sich Mina Saidze auf Demonstrationen, nach ihrem Abitur absolvierte sie ein Freiwilligenjahr bei einer Lobbyorganisation für erneuerbare Energien in Tansania und zu Studienzeiten hat sie Deutschland beim offiziellen G8- und G20-Jugendgipfel in St. Petersburg bzw. London vertreten.
Mit 26 gründete sie die Beratungsorganisation Inclusive Tech, die inzwischen mehrfach ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus gibt Saidze, deren Familie aus Afghanistan stammt, ihr Wissen in den Bereichen KI-Ethik und Data Analytics als Dozentin an der Hamburg Media School und als Spiegel-Fellowship-Mentorin weiter. Auch für Unternehmen wie Meta und SAP sowie die FAZ hält die 28-Jährige Vorträge. Als Tochter von politischen Aktivisten hat sie schon früh gelernt, Dinge infrage zu stellen – heute fordert Saidze die Tech-Branche heraus. Ihr Ziel: die Förderung von Frauen, nicht binären und unterrepräsentierten Personen im Technologiesektor. Mit Inclusive Tech gibt es erstmals eine Plattform für unterrepräsentierte Menschen und ihre Verbündeten in der Technologiebranche, um sich gegenseitig zu stärken, zu inspirieren und weiterzubilden. Dabei hat Saidze eine intrinsische Motivation, wie sie selbst sagt.
Als Quereinsteigerin in der Big-Data-Branche hat sie schnell gemerkt, dass sie sich als junge Frau und PoC (Person of Color) nicht wohlfühlt. Nicht zuletzt deshalb soll ihre Organisation den Tech-Gap schließen. Aber wie? Indem Inclusive Tech eine Community schafft und Unternehmen dahin gehend berät, wie sie vielfältige Tech-Teams einstellen und integrative Technologien entwickeln können, so Saidze. Mit Lobbyarbeit zur Entwicklung von vorurteilsfreien Algorithmen und inklusiven Technologien will sie die Bedürfnisse aller User berücksichtigen und in den Vordergrund holen. Das Netzwerk arbeitet zwei Jahre nach der Gründung schon mit Größen wie Meta, Yelp oder der Schwarzkopf-Stiftung zusammen. „Die Entwicklung von Software und Algorithmen kann Konsequenzen für marginalisierte Gruppen haben“, erklärt Saidze. Wenn der Algorithmus nicht diskriminierungsfrei trainiert wird, könne es dazu kommen, dass die KI rassistisch und frauenfeindlich ist. So kann es vorkommen, dass – wenn ausschließlich junge und weiße Männer an der Entwicklung beteiligt sind – eine Recruitingsoftware Kandidatinnen und Kandidaten mit Migrationshintergrund ausfiltert. Inclusive Tech will das in Zukunft verändern: „Als Entität, die lösungsorientierte Ansätze sucht, ohne zu versuchen, Unternehmen zu dämonisieren oder zu verurteilen, werden wir uns so lange bemühen, die Denkweise zu verändern, bis sich etwas ändert“, sagt Saidze.
Viele Unternehmen sehen das Thema immer noch als „nice to have“, doch Saidze ist überzeugt: Diskriminierungsfreie Technologien und Algorithmen sind notwendig. Und mit Inclusive Tech hat die 28-Jährige schon Beachtliches erreicht: Von der Bertelsmann Stiftung wurde sie zu einer der führenden Expertinnen für Algorithmen-Ethik im deutschsprachigen Raum gekürt. Mina Saidze wird so lange weitermachen, bis das Thema Normalität geworden ist.
Text: Naila Baldwin
Foto: Julia Steinigeweg
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 2–22 zum Thema „Innovation & Forschung“.