WAS PERSONALER ÜBER MEINE GENERATION UNBEDINGT WISSEN MÜSSEN

Liebe Chefinnen, liebe Chefs, jetzt müsst ihr stark sein: Sorry, aber ihr seid nicht mehr so wichtig wie eure Vorgänger. Ihr verliert an Stellenwert, ihr verliert an Macht.

Mir ist bewusst, dass ich mich mit dieser Diagnose nicht beliebt mache auf der sogenannten Führungsebene. Allerdings stammt diese Erkenntnis nicht von mir, sondern ist das Ergebnis von Umfragen zur Arbeitseinstellung der Generation Z, aus der ich stamme.

Studien zeigen, dass die Generation der ab 1995 Geborenen weiterhin Lebenssinn im Job sucht, jedoch nicht mehr bereit ist, für die Arbeit alles zu opfern. Sie wünscht sich mehr Zeit für das Privatleben. Schon seit der Kindheit ist sie gewohnt, Unmengen von digitalen Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Obwohl die vorherige Generation Y schon als „Digital Natives“ gelten, trifft das auf die „Gen Z“ umso mehr zu. Angehörige der Gen Z können sich eine rein analoge Welt nicht mehr vorstellen. Sie sind so sehr in die dauer-aktive Online-Community integriert, dass sie nicht mehr klare Grenzen zwischen realer und virtueller Welt ziehen können oder wollen.

Daher strebt man nach einem optimalen Mix aus Beruf und Freizeit. Das bedeutet aber keinesfalls, dass die neue Generation weniger Leistungswillen zeigt – sie muss nur anders motiviert werden. Umfragen zeigen: Nicht allein die Höhe des Gehaltes und der mit dem Arbeitsplatz verbundene Status sind wichtig, sondern Selbstverwirklichung, Spaß, ein gutes Arbeitsklima und ein passendes Umfeld.

Und nicht nur das. Die Generation Z scheut sich nicht, Sonderurlaubstage für die mentale Gesundheit (ein Thema, das erst in den vergangen Jahren Einzug in die Arbeitswelt gefunden hat) einzufordern. Sie arbeitet weniger, sobald die wichtigsten Aufgaben erledigt sind. Sie legt sogar am liebsten selbst die Arbeitszeiten fest. Und das ist nicht immer einfach für die Arbeitgeber. Denn die stammen aus der „arbeitsbesessenen“ Generation Y (1980–94) und der „nach finanzieller Sicherheit strebenden“ Generation X (1965–79).

Jahrzehntelang galt: Arbeite hart für deinen Arbeitgeber, und du wirst belohnt werden. Wenn du dich um einen Job bemühst, den du liebst, wird die Bezahlung zufriedenstellend sein. Und wenn es sich um einen Job handelt, bei dem man die Sprossen einer Karriereleiter erklimmen kann, wird man mit Geld belohnt – je weiter man eben klettert. Infolgedessen ist die Arbeit zu einer Obsession, ja zu einem Teil der Identität geworden.

Früher ging es darum, was Mitarbeiter dem Unternehmen bieten können. Nun fragt man: Was bietet mir das Unternehmen? Die Machtdynamik hat sich verschoben. Wir sind eigensinniger, selbstbewusster und lieber arbeitslos, als uns unglücklich zu arbeiten.

Am liebsten würde die Generation Z die Arbeitswelt (und -moral) ganz neu denken. Nachdem sie beobachtet hat, dass ihre Eltern Burn-out, Zeitmangel und finanzielle Unsicherheit erleben, fordern sie früher mehr ein: mehr Gehalt und Freizeit, Homeoffice sowieso – und mehr soziale Verantwortung beim Unternehmen. Manches davon waren Vorlieben der Millennials, für die Generation Z sind es fast schon Grundbedürfnisse. Für uns zählt mehr als nur die Rendite, etwa Diversität und Inklusion. Und das ist ganz sicher eine positive Entwicklung.

Illustration: Valentin Berger

Naila Baldwin

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