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Unser Coverstar baut Raketen und lässt sie auf einer Plattform im Ozean landen. Er legt sich mit der US-amerikanischen Börsenaufsicht an und schreckt auch nicht vor Tweets zurück, die den Aktienkurs des eigenen Unternehmens stürzen lassen.
It’s safe to say: Dieser Visionär ist größenwahnsinnig. Das musste Elon Musk wahrscheinlich auch sein, um es zum reichsten Menschen der Welt zu schaffen. Und er ist nicht gerade ängstlich – aber dennoch fürchtet er künstliche Intelligenz. 2017 sagte er in einer Rede in Washington, D.C.: „Roboter werden in der Lage sein, alles besser zu machen als wir. Ich kenne die modernste KI und arbeite mit ihr, und ich denke, dass die Menschen wirklich besorgt sein sollten.“ Er retweetet ein Video von Atlas, einem Roboter, der auf Boxen springt und einen Salto rückwärts macht. Sein Kommentar: „Das ist noch gar nichts. In ein paar Jahren wird sich dieser Bot so schnell bewegen, dass man ein Stroboskoplicht braucht, um ihn zu sehen. Süße Träume …“
Musk ist nicht alleine mit der Angst vor einer Roboter-Rebellion. Viele Menschen misstrauen künstlicher Intelligenz. Eine neue Umfrage von Ipsos im Auftrag des Weltwirtschaftsforums hat ergeben, dass nur 50 % der Befragten Unternehmen, die KI einsetzen, genauso viel Vertrauen entgegenbringen wie anderen Unternehmen. 39 % sagen, dass KI sie nervös macht.
Und wer sich die smarten Roboter wie Atlas ansieht – wie sie springen, in menschenähnlichen, gleichzeitig aber nicht menschlichen Bewegungsmustern –, der sieht etwas, was er nicht kennt. Etwas Bedrohliches. Denn genau da liegt bekanntermaßen die Angst: im Nichtbegreifen von etwas Fremdem. Doch das kennen wir aus der Geschichte – und vom Fortschritt: Fortschritt wurde oft falsch verstanden, oft gefürchtet. Im Jahr 1902 bezeichnete die New York Times das Automobil als unpraktisch. Und sie lag noch einmal katastrophal daneben: 1985 berichtete die Tageszeitung von Weltrang über den tragischen Niedergang eines einst vielversprechenden Trends – Laptops, so die Zeitung, seien auf dem Rückzug.
Es ist schwer, in die Zukunft zu blicken und einzuschätzen, was sich hält und was vergeht. Ein wichtiger Indikator ist die Antwort auf die Frage: „Kann diese Innovation unser Leben verbessern oder vereinfachen?“ KI hat durchaus das Zeug dazu, die Welt zu verbessern. Sie kann Menschen bei ihrer Arbeit unterstützen. Umsätze und Wohlstand steigern, Risiken erkennen – zum Beispiel, ob Fischer auf Schiffen zu Sklavenarbeit gezwungen werden, erklärt die Alexander von Humboldt-Stiftung. KI könnte auch das Jugendamt dabei unterstützen, das Risiko für eine Gefährdung des Wohls eines Kindes in einer Familie vorauszusagen. KI hat sicher mehr Potenzial, die Welt zu verändern, als die Glühbirne. Die Chance zur positiven Veränderung ist trotz aller Ängste gegeben. Und so hat selbst Musk 2021 den Tesla Bot vorgestellt, einen humanoiden Roboter.
Er heißt inzwischen Optimus, vom Band laufen soll er ab 2023. Tesla ist das größte Robotik-Unternehmen der Welt, sagte Musk beim AI Day 2021 in Palo Alto, Kalifornien. Das klingt schon wieder gewohnt größenwahnsinnig.
Sophie Schimansky
Deputy Editor-in-Chief
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 3–22 zum Thema „KI“.