QUBIT BY QUBIT

Planqc, das 3 Monate alte Quantencomputer-Start-up, das aus dem brandneuen Munich Quantum Valley hervorgegangen ist, gab kürzlich eine Finanzierungsrunde in Höhe von 4,6 Millionen Euro bekannt. Hier geben drei Gründer nicht nur Einblicke in ihr Start-up, sondern auch in den Markt und in zukünftige Potenziale, die es zu realisieren gilt.

Dem menschlichen Forschungsdrang sind keine Grenzen gesetzt. Doch je mehr Wissen aufgebaut wird, desto komplizierter werden die Probleme. Einige sind so komplex, dass die einst revolutionären Werkzeuge, die klassischen Computer, diese nicht mehr lösen können. Doch auch hier könnte Fortschritt helfen, etwa das Quantencomputing.

Entscheidend für Quantencomputing ist die direkte Kommunikation zwischen Wissenschaft und Industrie. Genau an dieser Stelle kommen Start-ups wie Planqc ins Spiel. Innerhalb von nur zwei Monaten nach der Gründung, im Juni 2022, gab Planqc eine Finan­zierungsrunde in Höhe von 4,6 Millionen Euro bekannt, die von UVC Partners und Speedinvest angeführt wurde.

Doch was ist eigentlich die Idee hinter einem Quantencomputer? Klassische Computer arbeiten mit Bits, die nur zwei Zustände annehmen können: entweder eingeschaltet (1) oder ausgeschaltet (0). Quantencomputer hingegen arbeiten mit Quantenbits – sogenannten Qubits. Qubits haben eine besondere Eigenschaft: Sie können sich gleichzeitig in den Zuständen 1 und 0 oder in einer theoretisch unendlichen Anzahl von Zwischenzuständen befinden. Genau diese Eigenschaft, die Superposition genannt wird, macht einen Quantencomputer so leistungsfähig.

Planqc will die Entwicklung des Quantencomputers mitgestalten, indem es sich zwischen Spitzenforschung und potenziellen industriellen Anwendungen positioniert. „Das Ziel ist es, in der Firma Quantencomputer zu entwickeln, die so stabil sind, dass sie auch außerhalb der Laborumgebung laufen können“, sagt Sebastian Blatt, CTO von Planqc. „Diese Ingenieursleistung kann nicht auf einer Universität stattfinden, sondern muss in ein Unternehmen ausgelagert werden.“

Der Bedarf an Quantencomputern ist eminent, und die Marktgröße, die Beteiligung von Tech-Giganten sowie die Regierungspolitik spiegeln diesen Bedarf wider. Der globale Markt für Quantencomputer, der im Jahr 2020 auf 112,6 Millionen US-Dollar geschätzt wurde, wird bis 2026 voraussichtlich 411,4 Millionen US-Dollar erreichen (laut Global Industry Analysts).

Es überrascht nicht, dass führende Volkswirtschaften die Initiative ergreifen und in diesen vielversprechenden Bereich investieren: Die USA begannen 2018 mit der Umsetzung des National Quantum Initiative Act, der Ziele und Prioritäten für einen Zehnjahresplan zur Beschleunigung der Entwicklung von Quantentechnologien festlegt. Auch China ist im Rennen vorne dabei. Wie Forbes US 2019 berichtete, hat China ein milliardenschweres Megaprojekt für Quantencomputer finanziert, das bis 2030 zu bedeutenden Durchbrüchen im Quantencomputing führen soll.

In Deutschland, wo Planqc seinen Sitz hat, plant das Wissenschaftsministerium, bis 2025 1,1 Milliarden Euro für die Forschung und Entwicklung von Quantencomputern auszugeben. In Bezug auf das Fördervolumen scheint Deutschland in der DACH-Region die Nase vorn zu haben. Aber im globalen Kontext ist die Bundesrepublik nicht in der Vorreiterrolle; Hauptentwickler sind beispielsweise Google und IBM. „Neben dem kommerziell verfügbaren Quantum System One von IBM gibt es den Quantencomputer von Google, eine 54-Qubit-Maschine, die mit der Cloud verbunden ist“, sagt Alexander Glätzle, Geschäftsführer von Planqc. „Aber auch im deutschsprachigen Raum gibt es Akteure, allen voran Alpine Quantum Technologies, AQT, aus Innsbruck, Österreich.“

Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied zwischen Panqc und IBM oder Google, und der betrifft eines der größten Probleme im Quantencomputing: die Skalierbarkeit. Planqc beabsichtigt, dieses Problem in ein Alleinstellungsmerkmal zu verwandeln. Dies könnte durch die Verwendung neutraler Atome zur Kodierung von Qubits möglich sein, die von Natur aus identisch und daher hoch skalierbar sind. Google und IBM hingegen stellen Qubits aus künstlichen Materialien her und kühlen sie auf nahezu den absoluten Temperatur-Nullpunkt ab, damit sie sich annähernd wie Qubits verhalten. Da diese Qubits künstlich gebaut wurden, sind sie nicht exakt identisch, was zu Fehlern bei der Berechnung führt.

„Ziel ist es, in der Firma Quantencomputer zu entwickeln, die so stabil sind, dass sie auch außerhalb der Laborumgebung laufen können“ so Sebastian Blatt.

Bei allem Potenzial des Quantencomputings ist also Vorsicht geboten, um nicht in einen Hype zu verfallen. Das tatsächliche Leistungsvermögen der Quanteninformationsverarbeitung ist noch nicht ausgeschöpft. Alle heute im Einsatz befindlichen Quantencomputer können nur Spielzeugmodelle berechnen, so die drei Mitbegründer, und es wird noch einige Jahre dauern, um ihr volles Entwicklungspotenzial zu erreichen.

Der Bau eines Quantencomputers ist komplex. Man muss die richtigen Algorithmen finden, die richtige Hardware bauen und sie dann so miteinander verbinden, dass man die potenziellen Vorteile nutzen kann. „Diese Übersetzung von den Algorithmen über den Compiler zur Hardware muss noch verbessert werden“, sagt Alexander Glätzle, „das ist wie beim Spielen einer E-Gitarre. Wenn man die beste Gitarre hat, aber ein sehr schlechtes Kabel zum Verstärker, wird niemand den tollen Klang hören.“

Auch ersetzen Quantencomputer keine klassischen Computer. „Ein Missverständnis, mit dem schnell aufgeräumt werden sollte, ist, dass bald jeder einen Quantencomputer zu Hause haben wird“, sagt Sebastian Blatt. Folglich wird diese aufstrebende Technologie zunächst zur Lösung von besonders großen und aufwendigen Problemen in Hochleistungsrechenzentren zum Einsatz kommen.

Unter den vielen Problemen, die Quantencomputer in naher Zukunft lösen können, scheint das Finden optimaler Lösungen das wichtigste zu sein. Andere mögliche Einsatzgebiete sind: Materialforschung, Quantenverschlüsselung, Simulation von Quantensystemen, Lieferkettenlogistik, optimierte Aktienportfolios für das Finanzwesen usw. Aber die Zukunft hält den Schlüssel zu zahlreichen neuen Einsatzmöglichkeiten in der Hand.

Planqc ist erst drei Monate alt. Aber die Arbeit der Gründer, allesamt Spitzenwissenschaftler, erstreckt sich über einen viel längeren Zeitraum. So wurde das junge Start-up mit vielen ambitionierten Ideen für die Zukunft geboren. Die zentrale Aufgabe, die es sich gestellt hat, ist, die wissenschaftlichen Ergebnisse aufzugreifen und die technologische Realisierbarkeit von Quantencomputern zu fördern.

Unter dem Motto „creating quantum computers atom by atom“ wurde Planqc als erstes Münchner Quantum-Valley-Start-up von Alexander Glätzle, Sebastian Blatt, Johannes Zeiher, Lukas Reichsöllner, Ann-Kristin Achleitner und Markus Wagner gegründet.

Fotos: Dirk Bruniecki

Ekin Deniz Dere,
Redakteurin

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