INFLATION: UNTERNEHMEN MÜSSEN HANDELN STATT REAGIEREN

Die EZB steht unter Druck

Denn sie hält derzeit neben ihrer Niedrigzinspolitik auch an dem Glauben fest, dass die Inflation im nächsten Jahr bereits wieder Richtung 2 % steuert. Seit rund sieben Jahren ist die zehnjährige Bundesanleihe erstmals über 1 % geklettert; die Anleihe gilt im Euroraum als Referenzwert. Besonders ist aktuell vor allem die Geschwindigkeit des Kurswechsels der EZB.

Die jüngste Erhöhung des Zinses durch die Fed ist die signifikanteste seit Mai 2000. Auch bei der EZB wird über eine Abkehr von der Niedrigzinspolitik diskutiert. Grund für diese Gedanken sind die Sorgen vor einer zu großen Inflation. Steigende Zinsen bremsen einen solchen Effekt zwar ab, senken jedoch gleich­zeitig auch das Wirtschaftswachstum.

Als Gefahr wird ebenfalls der sogenannte „Zweitrundeneffekt“ gesehen, ein Hoch­schaukeln von Löhnen und Preisen. Je höher die Inflationserwartungen in der Bevölkerung sind, umso mehr verstärkt sich eine solche Spirale. Die Lohn-Preis-Spirale ist auch auf Arbeitnehmerseite bereits angekommen: So haben Gewerkschaften wie die IG Metall bereits mehr als 8 % Lohnerhöhung gefordert. Auch wenn sich eine Situation mit einer Hyperinflation wie 1923 in Deutschland theoretisch wiederholen kann, ist davon nicht auszugehen. Die EZB hat heutzutage ein klareres Bild vom Markt und ebenso Möglichkeiten, Li­qui­dität vom Markt abzuziehen.

Die Energiekosten sowie jene für Logistik, Rohstoffe und Lebensmittel sind vor allem durch den Konflikt in der Ukraine getrieben. Dennoch werden die Energiepreise bis zur endgültigen Energiewende aufgrund der hohen Investitionskosten in den nächsten Jahren nicht drastisch sinken. Die Pandemie zeigte auch so manche Nachteile langer Liefer- oder Produktionsketten. Unterstrichen werden solche Erkenntnisse nun im Ukraine-Konflikt – die aktuellen Liefereng­pässe betreffen fast jede Branche. Das treibt Preise und Inflation weiter. Unternehmen können vorerst die Preise erhöhen. Die Inflation bietet die Möglichkeit, psychologische Preisbarrieren zu überwinden. Problematischer kann es allerdings in der Refinanzierung werden: Gelder sind künftig teurer zu bekommen, steigende Finanzierungskosten bedeuten Liquiditätsengpässe. So haben sich die Insolvenzanmeldungen in energie- und ­rohstoffintensiven Industrien seit dem russischen Angriff auf die Ukraine gehäuft.

Eine Kapitalbeschaffung über eine Eigen­kapitalbeteiligung kann jetzt von Vorteil sein. Private-Equity-Investoren sind oft an einem großen Netzwerk an Portfoliounternehmen beteiligt. So konnten wir oft beobachten, dass die Investoren in ähnliche Unternehmen oder entlang einer Wertschöpfungskette investieren und sich daraus zahlreiche Synergien in den einzelnen Unternehmen ergeben.

Eine Umbruchphase bringt auch immer Chancen, festgefahrene Strukturen zu durchbrechen – auch und vor allem in der Unternehmensfinanzierung.

Christian Saxenhammer
ist Managing Partner von Saxenhammer. Im Jahr 2006 gründete er die M&A-Boutique mit Fokus auf grenzüberschreitende M&A-Transaktionen im mittleren Marktsegment. Inzwischen hat Saxenhammer mehr als 250 M&A-und Fremdkapitaltransaktionen in allen wichtigen Branchen in Deutschland beraten. Er veröffentlicht regelmäßig Artikel zu Corporate Finance Themen. Derzeit ist er Autor eines in Kürze erscheinenden Leitfadens über Privatplatzierungen.

Forbes Contributor

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