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Mit Banijay Germany sowie CEO Marcus Wolter haben sich die „Under 30 DACH“-Listmaker Florian Bösenkopf und Branko Markovic einen erfahrenen Partner an Bord geholt. Nun wollen die beiden Gründer der Influencer-Agentur Influence Vision „so richtig Gas geben“ – und das nächste Level am Markt erreichen.
Als wir Marcus Wolter, Florian Bösenkopf und Branko Markovic zum Interview im Park Hyatt Vienna treffen, sehen die drei überraschend frisch aus. Erst am Vortag hatte das Closing stattgefunden, das den Anteilskauf der von Wolter vertretenen Banijay Germany an dem von Bösenkopf und Markovic gegründeten Wiener Start-up Influence Vision auch offiziell besiegelte. Das Closing-Dinner und die feierlichen Drinks des Vorabends haben die Neo Geschäftspartner aber offensichtlich gut vertragen – was gut ist, denn im Interview wird klar, dass das Trio einiges vorhat.
Mit 46,5 % beteiligt sich Banijay Germany an Influence Vision – und setzt damit erstmals so richtig einen Fuß in den Bereich Influencermarketing. Bekannt ist die in Frankreich von (unter anderem) LVMH-Gründer Bernard Arnault gegründete Banijay-Gruppe für ihre TV-Produktionen weltweit; in Deutschland zeichnet Banijay Germany etwa für TV-Formate wie „Wer wird Millionär?“, „Promi Big Brother“ oder „Kitchen Impossible“ verantwortlich. Im Verbund von rund 20 Unternehmen erzielt die Gruppe über 250 Mio. €. „Wir sind ein umfassendes Content-Creation-Haus“, so Wolter. „Unser Kerngeschäft ist natürlich klassische TV-Produktion, es wird allerdings flankiert von Künstlermanagements, Live-Event-Companys, eigenen Plattformen wie Myspass sowie den Vermarktungsexperten von Banijay Live Artist Brand. Künftig können wir verschiedene Teile unseres Entertainment-Verbunds mit Influence Vision zusammenbringen.“
Die Idee: Banijay vermarktet seine Künstler, aber auch TV-Formate, mithilfe von Influence Vision effizienter und gewinnbringender auf Social-Media-Plattformen – und Influence Vision bekommt Zugang zu einigem Neugeschäft und hat auf einen Schlag einen Fuß in der deutschen Unterhaltungsbranche. „Wir wollen Influence Vision auf das nächste Level heben“, sagt Brankovic. „Dafür ist Banijay der perfekte Partner.“
Angefangen hat alles mit einer gemeinsamen Bekannten, die das Gründerduo mit Wolter bekannt machte. Wenig später saßen Bösenkopf und Markovic dann in Wolters Wohnzimmer, wo einen Abend lang über die Zukunft des Storytelling sinniert wurde. 18 Monate später zahlte Banijay Germany „einen hohen einstelligen Millionenbetrag“ für seinen Anteil, was die Unternehmensbewertung von Influence Vision auf rund 20 Millionen € setzt.
Mit der Gründung 2017 traten Bösenkopf und Markovic an, um ihr Unternehmen als neuen Standard im Influencermarketing zu etablieren. Der Markt ist da: Laut dem Beratungshaus Goldmedia betrug das Marktvolumen im deutschsprachigen Raum 2020 rund 990 Mio. € – Tendenz steigend. Doch der Markt ist auch fragmentiert: „Die Branche ist sehr zerstreut und wenig standardisiert. Wie man Influencer bewertet oder wann eine Kampagne erfolgreich ist – das ist nicht so leicht zu messen wie bei anderen Marketinginstrumenten. Das wollen wir ändern“, so Bösenkopf.
Zu den Kunden gehören Unternehmen wie Samsung, Universal oder der österreichische Handelsriese Spar. Trotz ihrer Start-up-Identität denken die Gründer langfristig: „Wir sind nicht nur ein Start-up, sondern denken gleichzeitig auch wie ein deutschsprachiges Familienunternehmen. Wir wollen langfristig an Bord und auch in diesem Markt bleiben“, sagt Bösenkopf. Die beiden Gründer halten jeweils noch 18,87 %, also insgesamt 37,74 %. Der Rest (15,7 %) entfällt auf zwei Business Angels. Die Styria Media Group und zwei weitere Business Angels wurden in der Transaktion, die von der österreichischen Rechtsanwaltskanzlei Dorda und von „Under 30“-Juror Jürgen Kittel sowie Anwalt Lukas Herrmann begleitet wurde, ausgekauft.
Weder für Wolter noch für die Gründer ist es ein Thema, dass Banijay die gesamten Anteile übernimmt, denn Wolter will aus Banijay keinesfalls einen Konzern machen. Er spricht von einem „Verbund, einer Allianz, einer Familie“ aus unabhängigen Unternehmern, die gemeinsam alles anbieten wollen, was ein modernes Contenthaus braucht. „Wir gehen strategische Partnerschaften ein, lassen die Unternehmer aber weiterhin Unternehmer sein. Das unterscheidet uns von allen anderen Mediengruppen auf der Welt“, sagt Wolter.
Wolter weiß, wovon er spricht: Seit 20 Jahren ist er in der Unterhaltungsbranche aktiv. Er baute in den 90er-Jahren den Musik-TV-Sender Viva mit auf, gilt als Entdecker von Fernsehlegende Stefan Raab, war Geschäftsführer von 9 Live und gründete gemeinsam mit den Moderatoren Joko und Klaas deren Produktionsfirma Florida TV. Wenn es irgendwo deutsche Fernsehproduktionen gibt, die Erfolg haben, ist Wolter meist nicht weit entfernt.
„Wir müssen uns bewusst sein, wofür ein Star oder ein Format steht – und das dann richtig nutzen“
sagt Marcus Wolter, CEO von Banijay Germany.
Wolter betont im Gespräch nicht nur die Strahlkraft der Stars, deren Bekanntheit mithilfe von Influence Vision auf Social Media noch vergrößert werden könnte, sondern spricht immer wieder auch von der Wichtigkeit eigener TV-Formate. So produziert Banijay etwa „The Masked Singer“, eine Castingshow, bei der Prominente unerkannt in Kostümen auftreten. „Das gab es so noch nirgends auf der Welt“, so Wolter. Doch was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis nicht ganz trivial umzusetzen – denn „Wer wird Millionär?“ spricht eine andere Zielgruppe an als die, die auf Tiktok unterwegs ist. Wolters Rezept heißt Fokus: „Wir wollen nicht unnötig streuen. Wir müssen uns bewusst sein, wofür ein Star oder ein Format steht – und das dann richtig nutzen.“
Denn Wolter will sein Unternehmen zunehmend unabhängig von der klassischen TV-Produktion machen. Heute stammt rund ein Viertel des Umsatzes aus anderen Bereichen, mittelfristig soll dieser Anteil auf 30 % steigen. Wolter: „Das ist für uns schon eine richtig gute Zahl.“ Dass es Experten braucht, um auch in Zukunft in diesem Markt erfolgreich zu bleiben, ist eindeutig – denn die Branche verändere sich schnell, wie Markovic erzählt: „Als wir 2017 begonnen haben, gab es weder Instagram Stories noch Tiktok, und Podcasts waren bei Weitem nicht so beliebt wie heute.“
Doch gleichzeitig zeigen gewisse Medienformate auch eine hohe Resilienz. So sagt Wolter, dass der TV-Markt weniger schlecht aufgestellt sei als oft dargestellt: „Die Reichweiten von TV sind weiterhin extrem hoch, der Werbemarkt ist kerngesund und wir haben gesehen, dass die TV-Reichweiten in der Pandemie noch mal gestiegen sind. Und ergänzt wird das durch Streamingangebote.“
„Peak TV“, den Höhepunkt des Fernsehzeitalters, haben wir also noch nicht erreicht, so Wolter. Doch man müsse wachsam bleiben, um weiterhin mit neuen Ideen und Formaten ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Schon heute erreicht Banijay mit seinen Formaten Millionen von Zusehern täglich, doch jeder Zuschauer ist heiß umkämpft. Entscheidend – da ist sich das Trio einig – sei die gut erzählte Geschichte, unabhängig von der Plattform. „Der beste Content setzt sich durch“, sagen Wolter, Bösenkopf und Markovic mehrmals, aber jeweils in ihren eigenen Worten.
Das mittelfristige Ziel für die Kooperation ist klar: den DACH-Raum erobern. Um das zu erreichen – und die Nähe zum neuen Investor zu haben –, eröffnet Influence Vision ein Büro am Banijay-Standort Köln. Das Headquarter bleibt jedoch in Wien. Markovic: „Es gibt eine große Nachfrage nach Content, Live-Formaten et cetera. Wir wollen das gesamte Content-Potenzial im DACH-Raum abbilden.“
Marcus Wolter
...ist CEO und Gesellschafter von Banijay Germany.
Florian Bösenkopf und Branko Markovic
...sind Gründer und Co-CEOs von Influence Vision.
Text: Klaus Fiala
Fotos: Gianmaria Gava
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 3–22 zum Thema „KI“.